„Fruchtbarkeit ist bei fast allen Patienten ein Thema“
Die Chancen auf Heilung bei Krebs werden immer besser: Damit rückt auch das Leben nach der Krankheit in den Fokus.
chen. Muss mit der Krebstherapie schon sehr dringend begonnen werden, kann Eierstockgewebe innerhalb von wenigen Tagen entnommen werden.
Wer trägt die Kosten für diese Behandlungen?
ANTWORT: Die Kosten müssen Patienten in Österreich selbst tragen, in Deutschland wurde im letzten Jahr erreicht, dass die Krankenkassen die Kosten übernehmen. „Diese Bestrebungen gibt es auch in Österreich“, sagt Wölfler.
Welche Relevanz hat das Thema Fruchtbarkeit bei einer Krebs-diagnose?
ANTWORT: „Die Chance, dass man die Krebserkrankung ohne gravierende Folgeschäden übersteht, ist in den letzten 20 Jahren so viel größer geworden: Damit ist das Leben nach dem Krebs mehr in den Fokus gerückt“, sagt Wölfler. Bei vielen Menschen ist der Wunsch nach einer Familie so tief verankert, dass die Familienplanung bei fast allen Betroffenen ein Thema werde. „Indem die Fruchtbarkeit angesprochen wird, zeigen wir auch: Ja, wir denken über Ihre Zukunft nach“, sagt Wölfler. Studien haben gezeigt: Patienten hadern am meisten mit Unfruchtbarkeit nach einer Therapie, wenn sie nie selbst darüber entscheiden konnten.
Ihr Buch trägt den Titel „7 Milliarden für nichts“: Diese Summe ließe sich laut Ihnen ganz einfach im Gesundheitssystem einsparen. Wie genau?
GÜNTHER LOEWIT: Diese Milliarden kommen von überall her! Zum Beispiel geben wir in Österreich zurzeit 5,1 Milliarden für Medikamente aus. Aus Studien wissen wir aber, dass nur die Hälfte dieser Medikamente auch eingenommen wird. Der Rest landet im Grundwasser, im Mistkübel. Das wären schon 2,5 Milliarden, die man einsparen könnte. Oder: diese völlig unnötigen Computertomografieund Magnetresonanz-befunde. Jeder weiß über die Sinnlosigkeit dieser Wirbelsäulenkontrollbilder. Hier könnte man locker 1 bis 2 Milliarden sparen.
Das macht etwa drei bis vier Milliarden Euro – was noch?
Nehmen wir symbolisch für vielen anderen Unfug das Thema Burn-out. Studien sagen, dass zwischen ein und zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt in westlichen Gesellschaften für Burn-out ausgegeben werden. Wenn wir einen höflicheren Umgang hätten, Dienstgeber ihre Mitarbeiter wertschätzen würden – hier könnte man Folgekosten in Milliardenhöhe einsparen. Und die Spitalsbetten: Wir haben in Österreich im Vergleich zu Dänemark die doppelte Spitalsbettendichte, die Liegedauer der Patienten ist auch fast doppelt so hoch. Wahrscheinlich könnte man insgesamt auch 10 Milliarden Euro sparen.
Sie sind seit 30 Jahren Landarzt: An welchem Beispiel aus Ihrer Praxis lassen sich die Absurditäten des Gesundheitssystems veranschaulichen?