Abgerechnet wird erst viel später
Schnupft das Coronavirus die gesunden Staatsfinanzen? Das ist die falsche Frage: Die harte Währung ist Vertrauen.
Der kommende Mittwoch wird spannend. Es wird der Tag des neuen Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) sein. An seiner ersten Budgetrede wird schon gefeilt. Wenn man das vor drei Wochen noch als Allerweltsgeschichte einstufen konnte, sorgen die finanziellen Folgen der Corona-epidemie jetzt für Brisanz.
Die Frage, wer wird das alles bezahlen, sie treibt nicht nur die Experten im Ministerium, sondern sämtliche Ökonomen um. Sie alle bewegen sich auf wenig festem Boden. Die Epidemie ist den Prognosen stets einen Schritt voraus. So könnte das Virus den geplanten Budgetüberschuss von 300 Millionen Euro schnupfen. Das Nulldefizit müsste begraben werden.
Der Konsum knickt ein, das öffentliche Leben ist massiv reduziert, die große Einnahmequelle Tourismus versiegt. 55 Milliarden Euro Steuereinnahmen standen im letzten Budget. Einbußen bei der Mehrwertsteuer können nur schwer aufgeholt werden. Die Industrie will zudem die Senkung der Körperschaftssteuer, der Klimaschutz ist noch existenzieller.
Geld aus der Gießkanne gibt’s nicht. Je nach Entwicklung will die Regierung den Geldhahn für Wirtschaftsstützung in Etappen öffnen. Punktuell für bestimmte Branchen in Not. Erst Bundeshaftungen für den Tourismus über hundert Millionen Euro, weitere zehn Millionen für Klein- und Mittelbetriebe über das Austria Wirtschaftsservice. Die gibt es schon, mehr folgt heute. Etwa, wie viel Geld dem AMS in einer ersten Tranche für Kurzarbeit zur Verfügung gestellt wird. sein. Es geht um die Verhinderung einer Abwärtsspirale“, sagt Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Er gehört zum Kreis jener Experten, auf deren Einschätzungen das Budget basieren wird. Abspecken ist angesagt, noch im Jänner lag die Wachstumsprognose bei 1,2 Prozent. Die wird ausradiert, um mindestens 0,5 Prozentpunkte.
So akribisch auch hin und her gerechnet wird: Gernot Blümels Ausführungen zur finanziellen Lage der Nation werden nicht alles einpreisen können, was Corona noch bringt oder hoffentlich nicht. Es ist nicht die erste Krise, mit der die Exper
im Ministerium raufen. Nach der Lehman-pleite galt die Devise, die Jobs zu halten. Das ist auch jetzt so. Vorrang vor allen Finanzüberlegungen haben grundsätzlich die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus, betont die Regierungsspitze (siehe Leitartikel). spielt in Krisenzeiten eine große Rolle. Ihre Verteidigung funktioniert – zumindest teilweise – ohne Geld-füllhorn. Steuern stunden, wie es die Industriellenvereinigung fordert, ist eine simple Möglichkeit, Krisenfolgen konkret zu dämpfen.
Warum kein Konjunkturpaket? Für Economica-chef Christian Helmenstein ist das klar: „Weil wir erhebliche Mittel für die Kurzarbeit alimentieren müssen. Die brauchen wir unbedingt.“Sie sei jetzt das probateste Mittel. In der Finanzkrise habe sie bestens funktioniert, obwohl nicht klar gewesen sei, ob sich die Weltwirtschaft schnell wieder erhole. „Das ist heute viel begrenzter, wie man an China sieht“, so Helmenten
stein. Er glaubt nicht, dass andere Länder wirtschaftlich eine schwere Lungenentzündung bekommen, wenn die Us-konjunktur infiziert wird. „China und danach schon Indien sind für das globale Wirtschaftswachstum viel wichtiger.“
Europas Infarkt-patient Italien zu helfen, der jetzt 25 Milliarden Euro in seinen Kreislauf pumpen will, auch dafür gäbe es ein erprobtes Rezept: Hilfen über den europäischen Rettungsfonds ESM, der einst für die Griechenland-krise aus der Taufe gehoben wurde.