Kleine Zeitung Steiermark

Bello allein zu Haus

- Von Karin Riess

Herrchen verlässt das Homeoffice und Hund

muss daheimblei­ben – so manchem Vierbeiner gefällt das gar nicht. Wie es mit

dem Alleineble­iben klappt.

Herrchen und Frauchen mögen es nicht so empfunden haben – aber für Hunde war die Zeit von Homeoffice und Heimunterr­icht der reinste Himmel: Endlich sind meine Menschen viel zu Hause und ich muss nicht alleine bleiben! Aber der Alltag normalisie­rt sich wieder und plötzlich ist das Rudel tagsüber wieder ausgefloge­n. „Viele Hunde neigen zu problemati­schem Verhalten, wenn sie jetzt plötzlich wieder Stunden alleine in der Wohnung zubringen sollen“, sagt Tiertraine­r Thomas Hauser.

Prinzipiel­l haben Hunde größere Probleme damit, von ihren Besitzern alleine gelassen zu werden als beispielsw­eise Katzen. Sie sind Rudeltiere – die Angst, zurückgela­ssen zu werden, liegt in ihrer Natur. „Oft muss man als Halter sein Tier acht Stunden oder länger alleine lassen. Viele Hunde halten das sogar aus – „aber artgerecht ist das nicht“, sagt Hauser. Zwar ist jedes Tier anders, aber als Grundsatz gilt: „Wenn man im Vorhinein weiß, dass man ihn täglich bis zu sechs Stunden alleine in der Wohnung lassen muss, sollte man keinen Hund adoptieren.“

Die häufigsten Probleme, die allein gelassene Hunde verursatie­rt

sind ein Zerstörung­sdrang, dem Schuhe, Teppiche oder auch das ganze Sofa zum Opfer fallen können, Lautäußeru­ngen wie Bellen, Kläffen oder Winseln und Unsauberke­it. Wobei man bei Letzterem differenzi­eren muss: „Bei plötzlich auftretend­er Unsauberke­it sollte man einen Tierarzt aufsuchen“, sagt Hauser. „Bleibt der Hund aber in Gesellscha­ft über Stunden problemlos sauber und macht sofort in die Wohnung, wenn man ihn nur kurz alleine lässt, handelt es sich um Protest.“

Die Ursachen dafür, dass manche Hunde selbst kurze Zeit schlecht alleine bleiben können, sind meist Kontrollzw­ang, Trennungsa­ngst, mangelnde Auslastung oder eine Mischung daraus. „Um den Grund herauszufi­nden, muss der Halter seine eigene Stellung in der Gemeinscha­ft kritisch überprüfen“, sagt Hauser. Hunde reagieren nämlich vor allem dann mit Kontrollzw­ang, wenn ihnen ihre Stellung in der Gemeinscha­ft unklar ist: nämlich, dass sie nicht der Chef sind.

Viele Herrchen vermeiden es aus unbewusste­r (und völlig unbegründe­ter) Angst, weniger von ihrem vierbeinig­en Freund geliebt zu werden, ihm Grenzen zu setzen – damit tut man dem Tier aber keinen Gefallen. „Im Gegenteil: Ein Hund, der seinen

Halter führt, anstatt von ihm geführt zu werden, ist – von wenigen rassebedin­gten Ausnahmen abgesehen – permanent überforder­t und leidet unter chronische­m Stress“, sagt der Coach. Wichtig: Grenzen setzt man nicht mit Gewalt, sondern mit konsequent­er Erziehung.

Kennt der Hund seine Stellung im Rudel und respektier­t seinen Halter, liegt es oft an Trennungsa­ngst, dass er es alleine nur schwer aushalten kann. Betroffene Tiere sind oft nicht gut sozialisie­rt und deutlich vor der achten Lebenswoch­e von ihrer Mutter getrennt worden. Adopchen, man ein älteres Tier, kann der Grund dafür auch in schmerzlic­hen Erfahrunge­n in seinem Vorleben liegen, über das man meist nicht viel weiß.

Oder es liegt an falscher Erziehung: „Wird auf die Verlassens­ängste eines Hundes mit demonstrat­iv zur Schau getragenem Mitleid reagiert, dann wird er damit in seinem Fehlverhal­ten bestärkt“, sagt der Experte. Korrigiere­n kann man das, indem man als Besitzer in solchen Situatione­n ruhig bleibt und das Jammern ignoriert. Bleibt der Hund gelassen, belohnt man sein Verhalten und weitet die Zeitspanne­n, die man

allein bleiben kann, ist von Tier zu Tier unterschie­dlich.

Als Faustregel gilt: Sind es täglich mehr als sechs Stunden, sollte man keinen Hund anschaffen. ihn alleine lässt, in ganz kleinen Schritten aus. Liegt der Grund für die Trennungsa­ngst in mangelnder Sozialisie­rung oder Erlebnisse­n in der Vergangenh­eit begründet, sind die Verhaltens­probleme oft so vielschich­tig, dass man einen Hundetrain­er zurate ziehen muss.

Oft liegt die Wurzel des Übels aber auch darin, dass der Hund nicht genügend oder artgerecht ausgelaste­t ist. „Man muss sich vor Augen halten, dass abgesehen von sogenannte­n Begleithun­den alle Rassen für eine oder mehrere bestimmte Tätigkeite­n selektiert wurden“, sagt

Hauser. „Deshalb kann man einen intelligen­ten Australian Shepherd körperlich noch so gut auspowern, wenn man ihn geistig nicht fordert, ist er nicht ausgelaste­t.“Umgekehrt kann man dem Laufdrang eines Dalmatiner­s nicht allein mit Intelligen­zspielen beikommen.

Deshalb macht man sich am besten schlau, für welche Art von Aufgaben der eigene Hund gezüchtet wurde – daraus ergibt sich meist die passende Beschäftig­ung. Auch ein Mischling zeigt von Natur aus Neigungen für bestimmte Beschäftig­ungen, während ihn andere weniger interessie­ren.

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Wer zu wenig Zeit
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ADOBE STOCK Die Inneneinri­chtung „umzugestal­ten“ist ein Anzeichen dafür, dass der Hund sich alleine zu Hause nicht wohlfühlt Wie lange ein Hund

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