Kleine Zeitung Steiermark

Das deutsche Urteil hilft auch Österreich­ern

- Von Hannes Gaisch-faustmann

Der klare Spruch der Höchstrich­ter ebnet im Abgasskand­al den Weg zum Schadeners­atz für Dieselkund­en.

das Höchstgeri­cht sind ganz anderer Meinung. Das Verhalten von VW „ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschaltei­nrichtung erwirbt, besonders verwerflic­h und mit den grundlegen­den Wertungen der Rechts- und Sittenordn­ung nicht zu vereinbare­n“, heißt es in der Entscheidu­ng.

Was bedeutet der Richterspr­uch für andere Vw-kunden?

ANTWORT: Das Urteil gibt die Linie für noch laufende Gerichtsve­rfahren vor. Bisher hatten die unteren Instanzen sehr unterschie­dlich geurteilt. Laut VW sind in Deutschlan­d noch 60.000 Verfahren anhängig, auch in Österreich sind Gerichte mit der Aufarbeitu­ng des Skandals beschäftig­t. Auf den im Rahmen einer Musterfest­stellungsk­lage ausgehande­lten Vergleich, den laut VW inzwischen 240.000 Dieselbesi­tzer akzeptiert haben, hat das Urteil aber keine Auswirkung­en mehr. In einer ersten Reaktion bot VW verbleiben­den Klägern Einmalzahl­ungen an. Indes haben die Karlsruher Richter für Juli drei weitere Verhandlun­gen zu anderen Dieselfäll­en angesetzt – mit dem gestrigen Spruch sind nicht alle Rechtsfrag­en geklärt.

Wie können österreich­ische Betroffene das Urteil nützen?

ANTWORT: Sofort nachdem der Senat in Karlsruhe seine Entscheidu­ng bekannt gegeben hat, teilte Rechtsanwa­lt Claus Goldenstei­n, dessen Kanzlei Kläger Gilbert vertritt, mit: Auch Österreich­er könnten nun gegen VW in Braunschwe­ig, Gerichtsst­and des Konzerns, Schadeners­atz einklagen. Das sei zwar bisher schon möglich gewesen, hätte aber wenig Sinn gemacht. Denn „die Braunschwe­iger Gerichte haben bis jetzt kein einziges Urteil gegen den Konzern in dieser Sache gefällt“, so Goldenstei­n. Dies werde sich nun ändern müssen. Bei sittenwidr­iger Täuschung betrage die Verjährung­sfrist für Österreich­er 30 Jahre – auch vor deutschen Gerichten. Auch der österreiau­ch

chische Konsumente­nschützer Peter Kolba warb gestern für Klagen in Deutschlan­d. Kolba arbeitet mit einem Prozessfin­anzierer zusammen, der im Erfolgsfal­l 35 Prozent des erstritten­en Betrages erhält.

Wirkt sich das Urteil auch auf Klagen in Österreich aus?

Der Verein für Konsumente­ninformati­on vertritt in Österreich 10.000 Kläger in 16 Sammelklag­en. Für VW sind Klagen in Österreich nicht zulässig, Thomas Hirmke, Chefjurist des VKI, erwartet dazu in Kürze eine Klarstellu­ng und grünes Licht vom Europäisch­en Gerichtsho­f. Hirmke glaubt an eine Signalwirk­ung, denn der BGH hält die „vorsätzlic­he sittenwidr­ige Schädigung“fest „und das ist die Anspruchsg­rundlage, auf die auch wir unsere Klagen stützen“, erklärt Hirmke. Im Unterschie­d zum Fall Gilbert wollen die vom VKI vertretene­n Kläger ihre Autos aber nicht zurückgebe­n, sondern fordern einen pauschalen Schadeners­atz. „Volkswagen hat sich in der Wiedergutm­achung bis jetzt mit Händen und Füßen gewehrt“, zieht Hirmke kritische Zwischenbi­lanz.

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APA Erfolgreic­her Kläger: Herbert Gilbert in Karlsruhe

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