Das deutsche Urteil hilft auch Österreichern
Der klare Spruch der Höchstrichter ebnet im Abgasskandal den Weg zum Schadenersatz für Dieselkunden.
das Höchstgericht sind ganz anderer Meinung. Das Verhalten von VW „ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren“, heißt es in der Entscheidung.
Was bedeutet der Richterspruch für andere Vw-kunden?
ANTWORT: Das Urteil gibt die Linie für noch laufende Gerichtsverfahren vor. Bisher hatten die unteren Instanzen sehr unterschiedlich geurteilt. Laut VW sind in Deutschland noch 60.000 Verfahren anhängig, auch in Österreich sind Gerichte mit der Aufarbeitung des Skandals beschäftigt. Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den laut VW inzwischen 240.000 Dieselbesitzer akzeptiert haben, hat das Urteil aber keine Auswirkungen mehr. In einer ersten Reaktion bot VW verbleibenden Klägern Einmalzahlungen an. Indes haben die Karlsruher Richter für Juli drei weitere Verhandlungen zu anderen Dieselfällen angesetzt – mit dem gestrigen Spruch sind nicht alle Rechtsfragen geklärt.
Wie können österreichische Betroffene das Urteil nützen?
ANTWORT: Sofort nachdem der Senat in Karlsruhe seine Entscheidung bekannt gegeben hat, teilte Rechtsanwalt Claus Goldenstein, dessen Kanzlei Kläger Gilbert vertritt, mit: Auch Österreicher könnten nun gegen VW in Braunschweig, Gerichtsstand des Konzerns, Schadenersatz einklagen. Das sei zwar bisher schon möglich gewesen, hätte aber wenig Sinn gemacht. Denn „die Braunschweiger Gerichte haben bis jetzt kein einziges Urteil gegen den Konzern in dieser Sache gefällt“, so Goldenstein. Dies werde sich nun ändern müssen. Bei sittenwidriger Täuschung betrage die Verjährungsfrist für Österreicher 30 Jahre – auch vor deutschen Gerichten. Auch der österreiauch
chische Konsumentenschützer Peter Kolba warb gestern für Klagen in Deutschland. Kolba arbeitet mit einem Prozessfinanzierer zusammen, der im Erfolgsfall 35 Prozent des erstrittenen Betrages erhält.
Wirkt sich das Urteil auch auf Klagen in Österreich aus?
Der Verein für Konsumenteninformation vertritt in Österreich 10.000 Kläger in 16 Sammelklagen. Für VW sind Klagen in Österreich nicht zulässig, Thomas Hirmke, Chefjurist des VKI, erwartet dazu in Kürze eine Klarstellung und grünes Licht vom Europäischen Gerichtshof. Hirmke glaubt an eine Signalwirkung, denn der BGH hält die „vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“fest „und das ist die Anspruchsgrundlage, auf die auch wir unsere Klagen stützen“, erklärt Hirmke. Im Unterschied zum Fall Gilbert wollen die vom VKI vertretenen Kläger ihre Autos aber nicht zurückgeben, sondern fordern einen pauschalen Schadenersatz. „Volkswagen hat sich in der Wiedergutmachung bis jetzt mit Händen und Füßen gewehrt“, zieht Hirmke kritische Zwischenbilanz.