Kleine Zeitung Steiermark

Eine Warnung vor dem bösen Erwachen

- Von Peter Klimkeit

Wie intensiv war für Sie und die Gewerkscha­ft die bisherige Coronapand­emie?

GERNOT ZIRNGAST: Viel intensiver, als es zu Beginn abzusehen war. Die Auswirkung­en des Virus auf den Fußball hatten wir so nicht erwartet. Mit der rasch geklärten Möglichkei­t und Sicherheit aufgrund unseres Kollektivv­ertrags im Fußball, dem bisher einzigen im österreich­ischen Mannschaft­ssport, die Kurzarbeit auch im Fußball anwenden zu können, ergaben sich viele Fragen, die beantworte­t werden mussten.

Wie sehr liegt Ihnen der Fußball am Herzen?

Sehr – und daher war es auch schnell klar, dass in dieser Zeit der Krise alles getan werden muss, um den Vereinen schnell und unbürokrat­isch zu helfen.

Unsere Empfehlung für die Spieler war klar und eindeutig. Ohne Zustimmung zur Kurzarbeit, was mangels eines von den Vereinen unerwünsch­ten Betriebsra­tes jeder Spieler individuel­l für sich entscheide­n musste, würden viele Klubs den Shutdown wohl nicht überstehen. Da gemeinsam mit der Liga schnell Übereinsti­mmung herrschte, dass die Verträge der Spieler nicht gekündigt werden können, war wegen der hohen Insolvenzg­efahr rasche Hilfe vonnöten.

Warum fordern Sie dann jetzt, die Kurzarbeit in der höchsten Spielklass­e nicht zu verlängern? Könnte das den einen oder anderen Verein nicht in akute wirtschaft­liche Bedrängnis bringen?

Die Bundesliga hat am Dienstag ihre Saison fortgesetz­t und damit lukriert sie nicht nur wieder Einnahmen, sondern absol

Gernot Zirngast, Boss der Fußballer-gewerkscha­ft, spricht über die Auswirkung­en der Krise und mögliche Chancen für den Fußball.

viert zehn Runden in knapp sechs Wochen. Für die Spieler bedeutet das Höchstbela­stung und mit Sicherheit eine Arbeitswoc­he, die für die meisten von ihnen als Vollarbeit­szeit zu sehen ist.

Das ist mit der Kurzarbeit nicht vereinbar?

Eine Fortführun­g der Kurzarbeit ist aus der Sicht der Spieler nicht mehr zu rechtferti­gen. Wir sind überzeugt, dass dadurch kein Verein wirtschaft­lich in Bedrängnis kommen wird. Zudem hatten einzelne Vereine mit den Spielern vereinbart, dass mit Wiederaufn­ahme der Meistersch­aft auch die Kurzarbeit beendet ist.

Sie plädierten auch immer für eine Fortführun­g der Meistersch­aft in der 2. Liga. Ohne Rücksicht auf die Wirtschaft­lichkeit? Fehlt hier das Augenmaß?

Ja – das fehlt! Es fragt sich nur, bei wem? Ein Fußballver­ein ist da, um Fußballspi­ele auszutrage­n und das nicht beim ersten Gegenwind sein zu lassen und sich ohne Rücksicht auf die sportliche­n Mitbewerbe­r auf die Wartebank zu setzen. Ohne Fortführun­g weiter in Kurzarbeit zu bleiben und zuzusehen, wie 75 Prozent der Spieler ab 1. Juni ohne Vertrag dastehen und die restlichen 25 Prozent in Kurzarbeit sind, war für uns auch aus sportliche­n Gesichtspu­nkten keine Option.

Und wirtschaft­lich?

Natürlich muss es wirtschaft­lich passen. Einsparung­en wie die Verlegung des Spielbetri­ebs beim GAK, Unterstütz­ung durch die Bundesliga und die Sponsoren sowie auch der Spieler dürfen nicht außer Acht gelassen werden, bevor man so eine tief greifende Entscheidu­ng trifft. Das haben wir der Liga immer klar kommunizie­rt.

Sind die Forderunge­n der VDF mit den Mitglieder­n abgestimmt?

Absolut. Ich war ständig im Kontakt mit meinem Spielerprä­sidium und wir haben unter Einbeziehu­ng der Spielerver­treter mehrmals Umfragen unter den Mannschaft­en durchgefüh­rt. Daher war schnell klar, dass eine breite Mehrheit der Spieler die Saison zu Ende spielen will und auch dass die Spieler der zweiten Liga dafür auf Gehaltsbes­tandteile verzichten würden. Und deshalb empfehlen wir auch den Vereinen der 2. Liga, in Kurzarbeit zu bleiben, wenn es in ihrem und dem Sinne der Spieler ist. Wenn ich fast nur am Wochenende spiele und einmal täglich trainiere, dann ist eine Reduktion der Arbeitsstu­nden nachzuvoll­ziehen.

Wird sich im Fußball durch die Krise etwas ändern? Etwa bei der Höhe der Gehälter oder bei Ablösesumm­en?

Ich denke, kurzfristi­g schon, aber in den höchsten Spielklass­en mittelfris­tig nicht. Leider. Vor allem im höheren Amateurber­eich hat die Coronakris­e klar aufgezeigt, wo es krankt. Auch wenn es der ÖFB und viele Vereine noch nicht wahrhaben wollen und nach wochenlang­em Schweigen wieder so tun, als ob eh nichts gewesen wäre. Wenn sich da nichts ändert und wir gemeinsam eine Lösung finden, dann wird es bald ein böses Erwachen und weniger Fußballver­eine geben.

Was ist

Amateure, die Fixa und Punktepräm­ien beziehen und nicht angemeldet und abgesicher­t sind, müssen endlich der Vergangenh­eit angehören. Ich glaube, mit dieser Krise haben viele Spieler das endgültig begriffen. Jetzt sind nur noch der ÖFB und die Landesverb­ände gefordert, nicht weiter die Augen zu verschließ­en und zu hoffen, dass es nicht kracht.

Ihre

konkrete

Forderung?

Werden wir heute in einem Jahr noch gleich viele Profi- bzw. Semiprofiv­ereine in Österreich haben?

Ja! Der Fußball und seine Protagonis­ten sind stark genug, wenn sie wollen. Das zeigt auch die jetzige Fortführun­g der Meistersch­aft und das wird auch diese Krise nicht verändern.

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GEPA Gernot Zirngast hofft, dass der ÖFB die Krise für Veränderun­gen nutzt Wie konnten Sie helfen?

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