Alles Wirt gut
Johann Spreitzhofer (62), neuer Sprecher von mehr als 10.000 Tourismusbetrieben, über die schönsten und bittersten Moment der Krise, die seine Branche voll getroffen hat.
Andere denken in meinem Alter schon eher an die Pension“, kann sich Johann Spreitzhofer bei der abschließenden Frage nach seinem Alter ein Lachen nicht verkneifen. Wobei, das Lachen ist dem 62-jährigen, für gewöhnlich daueroptimistischen Wirt und Hotelier aus dem Almenland in den letzten Wochen oftmals vergangen. Hat er doch die Interessensvertretung einer kompletten Branche übernommen, die, wie er sagt, „am stärksten und leider wohl auch am längsten von der Coronakrise“betroffen ist bzw. sein wird. Im Mai übernahm der frühere Hotelierssprecher die gesamte Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer und spricht damit für mehr als 10.000 steirische Betriebe – von den Gastronomen über die Hoteliers bis hin zu den Gesundheitsbetrieben, Reisebüros sowie Freizeit- und Ausflugszielen. ie Wucht der Krise bekam er nicht nur in seinem Betrieb in St. Kathrein am Offenegg zu spüren, sondern auch in „täglich unzähligen Telefonaten mit Betroffenen“. Es ist vermutlich der gesunden Erdung des Almenlandes zu verdanken, dass Spreitzhofer just in dieser Zeit als Steuermann auf unruhiger See meist den richtigen Ton getroffen hat.
Laut gegenüber politischen
DEntscheidern (auch wenn diese von der eigenen Partei stammen), wenn’s um die Beseitigung von Irrwitzigkeiten ging. Etwa, als die steirischen Hotels anfangs offiziell nicht schließen sollten, aber auch keine Gäste aufnehmen durften. Leise, wenn es ums Zuhören ging. So bilanziert es Spreitzhofer als „die bittersten Momente der Krise“, wenn „Betriebe bei mir anrufen und sagen, sie wissen nicht mehr weiter, weil sie keinen Überbrückungskredit bekommen haben“. Dem wiederum folgten lautstarke Telefonate mit Banken und Politikern, „die oft eine Erwartungshaltung geweckt haben, die in der Realität nicht eingehalten wurde“. ber die Krise hatte auch schöne Momente, sagt der dreifache Großvater. „Da mein Betrieb geschlossen war, hatte ich plötzlich Zeit für die Enkelkinder.“Das wussten auch diese zu schätzen. Als der zweieinhalbjährige Enkelsohn am Tag der Wiedereröffnung auf dem Stammtisch (wie in den Wochen zuvor) sein Puzzle aufbauen wollte und dieses räumen musste, gab’s von ihm ein „Gell, Opa, die schöne Zeit ist vorbei“zu hören ...
Noch nicht vorbei ist der aufgezogene Sturm über der Tourismusbranche. „Das wird uns noch Jahre beschäftigen“, sagt der 62-Jährige. Sein Ziel für die nächsten Wochen: „Dass bald nicht nur die Gäste, sondern auch unsere Mitarbeiter die Masken ablegen dürfen.“Die steirische Gastfreundschaft komme nur zur Geltung, wenn man auch sein Lächeln zeigen könne. Und die Pension? Die muss warten. Einmal Wirt, immer Wirt.
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