Kleine Zeitung Steiermark

„Durch offene Grenzen fallen Grenzen im Kopf“

- Von Ulrich Dunst

Thermen- und Vulkanland-boss Mario Gruber über Neustart, Kirchturmd­enken und die Kriegskass­en der Bundesländ­er.

Seit einer Woche haben Hotels und Thermen wieder offen. Wie lief’s zu Pfingsten?

MARIO GRUBER: Nicht ganz super, aber auch nicht schlecht. Man muss bedenken, dass wir bei voller Fahrt gegen die Wand geprallt sind. Just in den Wochen, in denen die Saison richtig losging, mussten alle ihre vollen Häuser leeren. So sind 30 Prozent des Jahresgesc­häfts weg.

Uneinholba­r weg?

Es geht heuer nicht um Rekorde, sondern darum, dass es die Betriebe wirtschaft­lich überleben. Die Zeichen dafür machen Hoffnung. Zu Pfingsten waren viele kleine Betriebe zu 100 Prozent voll, die großen Hotels oftmals zu 50 Prozent, aber auch nur, weil sie selbst eine Gästeoberg­renze eingezogen haben, um die Corona-maßnahmen sinnvoll umsetzen zu können. handen, weil die Haushalte außer für Einkäufe keine Möglichkei­t hatten, Geld auszugeben.

Freuen Sie sich über die Lockerunge­n oder überwiegt die Angst vor einer zweiten Welle?

Es vereinfach­t viele Abläufe und hebt die Urlaubssti­mmung. Angst? Nein. Ich denke, sowohl die Gäste als auch die Mitarbeite­r im Tourismus wissen schon, wie sie sich zu verhalten haben.

Sollten die Coronazahl­en steigen, was dann?

wieder

Ein zweiter gleicharti­ger Lockdown würde uns wirtschaft­lich ruinieren, aber das gilt wohl für ganz Österreich und auch das Budget. Ich bin sicher, es würde eine andere Systematik geben, mit regionaler Betrachtun­g und differenzi­erten Maßnahmen.

Wie gut sind Thermen und Hotels in nächster Zeit gebucht?

Sicher ist Luft nach oben. Die Auslastung­en liegen zwischen 20 und 50 Prozent. Was wir aber sehen, ist: Die bisher schon vorhandene Spontanitä­t beim Buchen wird noch spontaner. Juni und Juli waren nie unsere

stärksten Monate, weil die Leute früher immer einmal ans Meer wollten und dann ab August noch einen Kurzurlaub in der Therme angehängt haben.

Wie wird das heuer sein? Finden Sie es aus Steirersic­ht schade, dass viele Grenzen wieder offen sind und die Leute ans Meer können?

Nein. Durch die offenen Grenzen fallen auch die Grenzen im Kopf, die Gäste sind nicht mehr so blockiert, die Urlaubsfre­ude steigt. Ich bin überzeugt, dass es für alle Seiten am besten ist, je näher wir wieder an die alte Normalität herankomme­n.

In den letzten Wochen ist ein Werbe-match der Bundesländ­er um den Inlandsgas­t ausgebroch­en. Länder wie Salzburg und Kärnten waren hier laut, ist die Steiermark zu leise?

Wir machen es anders. Wir wollen unser Pulver nicht in der ersten Woche verschieße­n, sondern setzen die Kampagne mit den Tourismusv­erbänden und Steiermark Tourismus über einen längeren Zeitraum hinweg. Wir haben ganz andere Voraussetz­ungen. Im Thermen- und

Vulkanland haben wir 90 Prozent Inlandsgas­t-anteil, das ist in Westösterr­eich umgekehrt.

Hat man dadurch nicht auch am meisten zu verlieren?

Das, was die Steiermark jahrelang aufgebaut hat, verliert man nicht so schnell. Das Steiermark-herz ist in den Köpfen verankert mit zwei Dingen: Top-angebot – von der Kulinarik bis zu Freizeitmö­glichkeite­n – und Top-qualität. Wir haben vielleicht nicht so eine große Kriegskass­e, aber profitiere­n von einem hohen Anteil an Stammgäste­n. Mit ihnen sind unsere Betriebe seit Wochen in engem Kontakt, das läuft abseits von lautstarke­r Werbung.

Sie haben im Vorjahr bekrittelt, dass in der Steiermark „jeder noch zu sehr sein eigenes Süppchen kocht“. Wurde das in der Krise besser?

Ja, schrittwei­se. Wir bündeln Ressourcen besser, vor allem auch beim Megathema Radfahren. Wenn der Gast von Waltersdor­f nach Blumau radelt, sieht er keine Grenze, also sollten auch wir keine ziehen.

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Bad mit Blick zur Riegersbur­g: „Wir haben vielleicht nicht so eine große Kriegskass­e, aber dafür viele Stammgäste“– und das Steiermark-herz
Mario Gruber: „Pulver bei Werbung nicht in erster Woche verschieße­n“ Bad mit Blick zur Riegersbur­g: „Wir haben vielleicht nicht so eine große Kriegskass­e, aber dafür viele Stammgäste“– und das Steiermark-herz

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