Die Sache mit der Einheit
Die Duelle zwischen Rapid und Sturm sind die emotionalsten Spiele in den jüngsten Jahren in der Fußball-bundesliga. Auch heute wird eine heiße Partie erwartet, trotz fehlender Zuschauerkulisse. Wenn der Salzburger Schiedsrichter Sebastian Gishamer um 19.30 Uhr anpfeift, sind hoffentlich alle Protagonisten konzentriert bei der Sache. Hoffentlich deshalb, weil bei Sturms erstem Spiel gegen den WAC (1:2) nicht bei allen Akteuren der Eindruck des unbedingten Siegeswillens zu spüren war. „Wir sind zu wenig Mannschaft“, sagte einer aus dem inneren Kreis dazu. Heute können die Grazer zeigen, wie stark die schwarz-weiße Einheit wirklich ist. Eine Niederlage gegen Rapid ist schlichtweg verboten, zumal der Auftakt in einer 1:2-Pleite geendet hatte.
Zum einen die angesprochene Geschlossenheit, zum anderen die Leichtigkeit im Spiel, vor allem im Angriffsdrittel. Nichts geht leicht vom Fuß, alles muss mühsam erarbeitet werden. Im Spiel gegen den WAC war nur Otar Kiteishvili mutig genug, Akzente zu setzten. Sei es mit Dribblings Eins-gegen-eins oder mit Weitschüs sen. Die übrige Truppe gefiel sich in der Statistenrolle. Kiteishvili ließ sich für das Match fitspritzen, weil ihn die Ferse schmerzte. Trainer Nestor El Maestro sprach deshalb von einem verhaltenen Auftritt des Georgiers. Heute ist er vollkommen fit. Das ist ein Hoffnungsschimmer für die Schwarz-weißen. Vielleicht können sich seine teils verunsicherten Mitspieler mit dem kleinen Wirbelwind steigern.
In der Defensive fehlt heute im Speziellen Anastasios Avlonitis (gesperrt) und im Allgemeinen die Konzentration über die gesamte Spieldauer. Durch immer wiederkehrende, individuelle Fehler erhalten die Grazer zu viele – sogenannte leichte – Gegentore. 30 Gegentreffer in 23 Spielen sind schlichtweg ein mäßiger bis schlechter Wert, vor allem bei nur 38 erzielten Treffern. Das Verhältnis ist unterdurchschnittlich und reicht aktuell nur für den letzten Platz in der Meistergruppe. Alles andere als ein Sieg hilft dem SK Sturm heute nicht weiter. Das sollten auch die Spieler bis zum Anpfiff verinnerlicht haben.
aller Cornerflanken brachte Sturm bisher „an den Mann“– mehr als jede andere Mannschaft der Liga. Im Schnitt entsteht aus jeder 16. Ecke ein Tor, nur der TSV Hartberg (15) ist effizienter.
lang ist der SK Sturm bei Rapid schon ohne Niederlage, es gab zwei Siege und drei Unentschieden. Und damit die längste Phase ohne Niederlage überhaupt.
Alles beim Alten, möchte man meinen, sieht man von den fehlenden Zuschauern ab, die – rein subjektiv – den besten Kick auf Dauer monoton und einschläfernd wirken lassen. Aber sonst? Salzburg steuert wie vor der Krise auf den Titel zu, weil sich der LASK nicht beherrschen konnte und Hartberg einmal mehr bewies, was man im Fußball als vermeintlich Kleiner alles erreichen kann. Wenn der Teamgeist passt und alle in die gleiche Richtung marschieren.
Beim SK Sturm hingegen scheint schon nach dem ersten Spiel des Restarts klar zu sein, dass genau dieser Punkt das große Problem ist. Kurz und prägnant formuliert: Elf Mann auf dem Platz ergeben zwar eine Mannschaft, aber noch kein Team. Und nicht einmal die Größten der Branche haben es geschafft, ohne Team Erfolge zu feiern. enau dieser Punkt ist es übrigens auch, der den Unterschied zwischen den Bayern unter Hansi Flick und unter Niko Kovac ausmacht. Jetzt agiert auf dem Platz eine homogene Einheit, die einen Gegner nach dem anderen vom Platz schießt – dabei sind die Spieler dieselben wie davor. Und doch scheint ihnen nun Titel Nummer 30 nicht mehr zu nehmen zu sein.
Die Lehre, die man daraus ziehen kann? Einheit lässt sich offenbar erarbeiten. Die Belohnung dafür ist die schönste, die es im Sport geben kann: Erfolg.
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