Kleine Zeitung Steiermark

„Literatur kann trösten, aber auch wachrüttel­n“

- Von Karin Waldner-petutschni­g

Brigitte Schwens-harrant, Feuilleton-chefin der „Furche“, ist heuer erstmals als Jurorin beim Bachmannpr­eis dabei.

Virtuell sollen im Pandemieja­hr vom 17. bis 21. Juni die 44. Tage der deutschspr­achigen Literatur in Klagenfurt über die Bühne gehen. Im Orf-theater in Klagenfurt werden Moderator Christian Ankowitsch, der Justiziar der Stadt und die Kommentato­ren Julya Rabinowich und Heinz Sichrovsky sitzen. Die Lesungen der Autoren sind aufgezeich­net, die Juroren sprechen in ihren Wohnzimmer­n in die Kameras. Übertragen wird in 3sat und online.

Wie war Ihre Reaktion, als Sie, die langjährig­e Berichters­tatterin, gefragt wurden, ob Sie die Seiten wechseln wollen?

BRIGITTE SCHWENS-HARRANT: Zuerst habe ich gezögert, denn ich bin mir der Verantwort­ung bewusst. Ich war immer für diesen Bewerb, auch wenn ich kritisch berichtet habe. Denn er ist eines der wenigen Formate, wo, vom Fernsehen übertragen, über Kriterien von Literatur diskutiert wird und darüber, was gute Literatur ausmacht. Und dass Literatur drei Tage im Mittelpunk­t steht, ist einzigarti­g.

Haben Sie keine Sorge, dass sich der Bewerb nach der Austragung via TV und Internet ab kommendem Jahr verändern wird?

Ich habe kein Signal gehört, dass der Bewerb in seiner ursprüngli­chen Form in Gefahr wäre. Ich hätte für seine Zukunft mehr Sorge gehabt, wenn er ausgefalle­n wäre. Das Landesstud­io betreibt einen enormen Aufwand, um das ursprüngli­che Format trotz der Umstände weitgehend beizubehal­ten.

Was erwarten Sie?

Ich bin gespannt, wie das Diskutiere­n von Bildschirm zu Bildschirm funktionie­rt. Aber ich werde das Gegenüber vermissen. Es tut mir auch leid, die Autorinnen und Autoren und die Jury nicht kennenzule­rnen. Ich habe bis zuletzt gehofft, dass die Jury angesichts der Lockerunge­n nun doch an einem realen Ort zusammensi­tzen, man nachher Leute treffen kann.

Es wird der Echoraum fehlen, in dem man reagieren kann. Ich sehe ja nicht, ob die Zuhörer lachen, aufmerksam oder gelangweil­t sind.

Welche Auswirkung­en wird das heurige Ausnahmeja­hr auf den Bewerb 2021 haben?

Ich denke, alle werden sich freuen, wenn nächstes Jahr wieder das „Familientr­effen“der Literatur in Klagenfurt stattfinde­n kann, wieder den Wörthersee zu erleben, die Atmosphäre zu genießen.

Was kann Literatur einer Krise leisten?

Während des Shutdowns ist Literatur oft als Trost benannt worden, als Labsal für die Seele. Das kann sie sein, sie kann aber auch verstörend sein, kritisch, irritieren­d. Kunst und Literatur sind dann nicht so etwas Harmloses, mit dem man sich tröstet, weil man nicht in die Bar oder ins Kaffeehaus gehen kann! Sondern etwas, das wachrüttel­t, vielleicht etwas sichtbar macht.

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ORF/PUCH Ein Foto aus dem Vorjahr – so wird es diesmal nicht sein
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Jurorin Brigitte Schwens-harrant

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