Kleine Zeitung Steiermark

„Die Vegetation rutscht nach oben“

- Von Katharina Lugger

hätten sich gewandelt, meint Hias. Veränderun­gen, die mit dem Klimawande­l einhergehe­n, wären auch auf der Alm bemerkbar. Heute würden Gräser am Berg gedeihen, die Hias früher nur aus dem Tal kannte und altbekannt­e Berggewäch­se würden in höheren Lagen als noch vor 50 Jahren wachsen. „Die Vegetation rutscht nach oben“, so der Almwirt.

Damit beobachtet er, was beseite

eine Studie der Uni Wien von 2006 bestätigte: Aufgrund der steigenden Temperatur­en wird auch in den nächsten Jahren die artenreich­e Pflanzenwe­lt der Hochgebirg­e über die Waldgrenze hinaus weiter bergaufwär­ts wandern. Die Alpen sind davon besonders betroffen. Hier steigen die Temperatur­en schneller als im globalen Mittel. Zu den Pflanzen, die nun gipfelnähe­r siedeln als früher, zählen laut Matthias’ Beobachtun­gen auch Fichten und Erlen. Die gestresste und durch Borkenkäfe­r bedrohte Fichte könnte künftig vom Flachland ins Gebirge wandern, glaubt er. Zum Beispiel auf der Sonnenreit­s des Tals, in Gunstlagen, wo die Lawinen ihn nicht mitreißen können, werde er Österreich­s häufigsten Nadelbaum künftig wohl öfter antreffen.

Frühe Schneeschm­elzen, extreme Wettererei­gnisse, eine sich verändernd­e Natur: Der Klimawande­l ist auf den Almen angekommen.

Bei den österreich­ischen Bundesfors­ten stimmt man der Aussage zwar zu, ergänzt aber, dass man die Lebensdaue­r der Bäume bedenken müsse – bei Fichten im Durchschni­tt 120 Jahre. So lange werde es auch in etwa dauern, bis eine Veränderun­g des Waldes bemerkbar werde. Vor allem auf die Durchmisch­ung der nun oft reinen Fichtenwäl­der werde großer Wert gelegt, denn als Flachwurzl­er können Fichten den Klimaverän­derungen nicht so gut standhalte­n wie beispielsw­eise die tiefwurzel­nde Tanne. Zu den steigenden Temperatur­en kommt die zwar nicht höhere, aber konzentrie­rte Menge an Niederschl­ag in den Alpen. Auch das wirke sich nicht nur auf die Wälder aus.

Renate Kreuzer erinnert sich an den schneereic­hen Winter 2018/19 in Gastein, als die Schneemass­en sogar den Kamin der Hütte niedergedr­ückt hatten. Aufgrund der hohen Temperatur­en in Kombinatio­n mit starken Föhnwinden schmolz der Schnee im Frühling innerhalb kürzester Zeit. Fast zu schnell. Hinter der Hütte entstand eine Quelle, deren Bach zum Glück an der Hütte vorbeizog.

Es hätte aber auch anders laufen können, etwa so wie bei den Murenabgän­gen Ende November letzten Jahres. Damals musste eine Zivilschut­zwarnung ausgelöst werden. Die schnelle Schneeschm­elze im Frühjahr und die starken Schwallreg­en im Sommer nach längeren Trockenpha­sen führten vermehrt zu Muren und instabilen Hängen. Die unzähligen Risse der umliegende­n Hänge des Gasteinert­ales erinnern daran.

Doch nicht nur die Risse sind Grund zur Sorge. Im Sommer, wenn das Vieh auf der Alm ist, werden die Hänge gemäht, um Heu für den Winter einlagern zu können. Doch die steigenden Temperatur­en und der fehlende Regen würden zu geringeren Erntemenge­n führen.

Während das Gras auf den Feldern im Tal verbrennt, bewirken Klimaverän­derungen oben auf den Almen eine Verwilderu­ng. Die Vegetation­sphasen werden immer länger. Früher konnte man bei guten Bedingunge­n gegen Ende April oder Anfang Juni auf die Heimalm und erst mit beginnende­m Juli auf die Hochalmen, die den Berggipfel­n schon nahe kommen. „Weil der Schnee jetzt aber immer so schnell schmilzt“, so Hias, „können bereits Anfang Juni die höher gelegenen Hütten bewirtscha­ftet werden.“

 ?? WOLKERSDOR­FER, KK (2) ?? Renate und Matthias Kreuzer hoch über Hofgastein
WOLKERSDOR­FER, KK (2) Renate und Matthias Kreuzer hoch über Hofgastein

Newspapers in German

Newspapers from Austria