„Die Vegetation rutscht nach oben“
hätten sich gewandelt, meint Hias. Veränderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen, wären auch auf der Alm bemerkbar. Heute würden Gräser am Berg gedeihen, die Hias früher nur aus dem Tal kannte und altbekannte Berggewächse würden in höheren Lagen als noch vor 50 Jahren wachsen. „Die Vegetation rutscht nach oben“, so der Almwirt.
Damit beobachtet er, was beseite
eine Studie der Uni Wien von 2006 bestätigte: Aufgrund der steigenden Temperaturen wird auch in den nächsten Jahren die artenreiche Pflanzenwelt der Hochgebirge über die Waldgrenze hinaus weiter bergaufwärts wandern. Die Alpen sind davon besonders betroffen. Hier steigen die Temperaturen schneller als im globalen Mittel. Zu den Pflanzen, die nun gipfelnäher siedeln als früher, zählen laut Matthias’ Beobachtungen auch Fichten und Erlen. Die gestresste und durch Borkenkäfer bedrohte Fichte könnte künftig vom Flachland ins Gebirge wandern, glaubt er. Zum Beispiel auf der Sonnenreits des Tals, in Gunstlagen, wo die Lawinen ihn nicht mitreißen können, werde er Österreichs häufigsten Nadelbaum künftig wohl öfter antreffen.
Frühe Schneeschmelzen, extreme Wetterereignisse, eine sich verändernde Natur: Der Klimawandel ist auf den Almen angekommen.
Bei den österreichischen Bundesforsten stimmt man der Aussage zwar zu, ergänzt aber, dass man die Lebensdauer der Bäume bedenken müsse – bei Fichten im Durchschnitt 120 Jahre. So lange werde es auch in etwa dauern, bis eine Veränderung des Waldes bemerkbar werde. Vor allem auf die Durchmischung der nun oft reinen Fichtenwälder werde großer Wert gelegt, denn als Flachwurzler können Fichten den Klimaveränderungen nicht so gut standhalten wie beispielsweise die tiefwurzelnde Tanne. Zu den steigenden Temperaturen kommt die zwar nicht höhere, aber konzentrierte Menge an Niederschlag in den Alpen. Auch das wirke sich nicht nur auf die Wälder aus.
Renate Kreuzer erinnert sich an den schneereichen Winter 2018/19 in Gastein, als die Schneemassen sogar den Kamin der Hütte niedergedrückt hatten. Aufgrund der hohen Temperaturen in Kombination mit starken Föhnwinden schmolz der Schnee im Frühling innerhalb kürzester Zeit. Fast zu schnell. Hinter der Hütte entstand eine Quelle, deren Bach zum Glück an der Hütte vorbeizog.
Es hätte aber auch anders laufen können, etwa so wie bei den Murenabgängen Ende November letzten Jahres. Damals musste eine Zivilschutzwarnung ausgelöst werden. Die schnelle Schneeschmelze im Frühjahr und die starken Schwallregen im Sommer nach längeren Trockenphasen führten vermehrt zu Muren und instabilen Hängen. Die unzähligen Risse der umliegenden Hänge des Gasteinertales erinnern daran.
Doch nicht nur die Risse sind Grund zur Sorge. Im Sommer, wenn das Vieh auf der Alm ist, werden die Hänge gemäht, um Heu für den Winter einlagern zu können. Doch die steigenden Temperaturen und der fehlende Regen würden zu geringeren Erntemengen führen.
Während das Gras auf den Feldern im Tal verbrennt, bewirken Klimaveränderungen oben auf den Almen eine Verwilderung. Die Vegetationsphasen werden immer länger. Früher konnte man bei guten Bedingungen gegen Ende April oder Anfang Juni auf die Heimalm und erst mit beginnendem Juli auf die Hochalmen, die den Berggipfeln schon nahe kommen. „Weil der Schnee jetzt aber immer so schnell schmilzt“, so Hias, „können bereits Anfang Juni die höher gelegenen Hütten bewirtschaftet werden.“