Nichts ist selbstverständlich!
Für eine geistvoll erneuerte Normalität:
In ihrem Hirtenbrief zu Pfingsten skizzierten die katholischen Bischöfe Österreichs die heutige Bedeutung der Gaben des Heiligen Geistes.
Wir bringen einen Auszug.
Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, der zu jeder Zeit Neues schaffen kann. Die verängstigten Jünger wurden durch diesen Geist ermutigt, ihre Isolation zu verlassen. Freimütig haben sie zur Volksmenge über Gottes Wirken gesprochen. Dieses pfingstliche Ereignis sowie den fünften Jahrestag des Erscheinens der Umweltenzyklika „Laudato si“von Papst Franziskus nehmen wir zum Anlass für ein Hirtenwort, das sich an alle Menschen in Österreich richtet. Jetzt stehen wir in der Krisenbewältigung an einer Schwelle. Das öffentliche Leben wird schrittweise normalisiert. Ja, dafür brauchen wir einen neuen Geist! Papst Franziskus fordert alle Gläubigen auf, über die eigenen Grenzen hinauszugehen, um mit denen zu sein, die heute physisch, psychisch, sozial und geistlich verwundet sind.
Der Heilige Geist ist für diese Weltzuwendung der wichtigste Herzschrittmacher. Er schenkt uns alles, was wir zum Leben und zur Krisenbewältigung brauchen. Die folgenden sieben
Geistesgaben, die wir als Leitmotiv für unser Hirtenwort gewählt haben, empfinden wir als Einladung, Auftrag und Befähigung, eine „erneuerte Normalität“aktiv mitzugestalten:
Dankbarkeit gibt ein Gespür für das rechte Maß und befähigt zum Staunen. Viele Menschen haben verlässlich ihren Dienst getan und damit zur vielfältigen Versorgung in unserem Land beigetragen. Nichts ist selbstverständlich! Wir laden alle zu einer „Spiritualität der Dankbarkeit“ein.
Ohne den Geist der Versöhnung gibt es keine Verbundenheit. Trotz des physischen Abstandhaltens gab es in den letzten Wochen viele Initiativen einer berührenden sozialen Verbundenheit. Diese wertvolle Erfahrung dürfen wir nicht verlieren. Der Heilige Geist stellt sich mit Vorliebe als Anwalt und Tröster an die Seite der Verängstigten und Geschwächten. Aufgrund des häuslichen Naheseins kam es aber auch zu vielen Konflikten und Belastungen. Deshalb braucht es jetzt Schritte der Versöhnung.
der Aufmerksamkeit und Solidarität sind Not-wendend. In den vergangenen Wochen haben wir ein Comeback von Solidarität erlebt. Der pfingstliche Geist schärft unsere Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse des Anderen, er weitet Herz und Verstand. Der Corona-lockdown zeigte, wie wichtig ein funktionierender Sozialstaat, ein leistungsfähiges
Gesundheitssystem und eine gute Zusammenarbeit zwischen Politik und Sozialpartnerschaft sind. Diesen Geist dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.
Nur Wertschätzung und Lernbereitschaft ermöglichen Zukunft. Mit einem Geist der Wertschätzung wurden vielfach Frauen und Männer in den bislang ungeist
Barmherzig, gnädig, langmütig, beständig zugeneigt und treu – so ist Gott. In der wissenschaftlichen Exegese wird diese Aussage über Gott als „Gnadenformel“bezeichnet. Sie findet sich innerhalb des Alten Testaments wörtlich und in Umschreibungen an vielen Stellen in den Psalmen und bei manchen Propheten. Dort sprechen Menschen Gott als barmherzig und treu an, weil sie ihn so erfahren haben – gegenüber dem Volk Israel und persönlich.
Die Exodus-stelle sticht jedoch besonders hervor: Zwar in der dritten Person formuliert, ist es Gott selbst, der sich mit diesen Eigenschaften bekannt macht, sich selbst definiert. Durch die Verbindung mit der Kundgabe Gottes am Berg Sinai ist die Gnadenformel in den Mittelpunkt der alttestamentlichen Schriften gerückt.
Dies spricht gegen das hartnäckige Vorurteil, der Gott des Alten Testaments sei ein zorniger und strafender Gott, der Gott des Neuen Testaments hingegen ist jedoch ein barmherziger
und liebender Gott. Aber es ist ein und derselbe Gott, und die Gnadenformel gilt für beide Testamente.
Beide schildern Gott freilich auch als einen gerechten Gott, der seine Gerechtigkeit im letzten Gericht durchsetzt. Bis dahin zeigt sich Gott barmherzig und vergebungsbereit, denn er hat keinen Gefallen am Tod der Ungerechten
(Ez 33,11).
Keine Frage, dass Menschen Gott als bedrohlich und furchterregend erfahren können. Aber daran ist nicht Gott schuld. Es sind Menschen, die, mit aus der Bibel herausgepickten Gerichtsworten, Gott dazu benutzen, Angst und Schrecken zu verbreiten: Familien, die mangelnde erzieherische Fähigkeiten durch den strafenden Gott ersetzen; Pädagogen und kirchliches Personal, die Kinder und ihnen Anvertraute mit einem drohenden Gott für Schandtaten gefügig machen.
Gott aber ist anders, und die Gnadenformel, die auch durch Jesus Christus zur Sprache kommt, sollte sich viel mehr herumsprechen.