Langes Ringen um echte Transparenz
Die oft versprochene Abschaffung des Amtsgeheimnisses geht in die Zielgerade. Ab Anfang nächsten Jahres soll der „gläserne Staat“Realität werden.
Sie wollen wissen, was genau in dem Vertrag der Republik mit einer soeben um viel Geld geretteten Fluglinie steht? Worüber die diversen Corona-krisenstäbe in den vergangenen Monaten im Detail gesprochen haben? Oder meinen Sie vielleicht sogar, dass ein Ministerium Gutachten, die es um Steuergeld von externen Experten hat erstellen lassen, veröffentlichen müsste?
Bisher steht all diesen Dingen das Amtsgeheimnis im Weg, das in Österreich im Verfassungsrang steht: Staatliche Organe sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, wenn sie ein schutzwürdiges Interesse argumentieren können – zum Beispiel, wenn es um den Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Staates geht. Für bestehende Auskunftspflichtgesetze auf Bundes- und Länderebene gebe es zu viele Schlupflöcher, sich hinter solchen Interessen zu verstecken, kritisieren Aktivisten wie das „Forum Informationsfreiheit“seit Jahren.
Bereits vier Regierungen haben die Abschaffung des Amtsgeheimnisses seit 2012 in ihr Programm aufgenommen – sie kamen und gingen, die Verschwiegenheitspflicht blieb.
Nun sind erstmals die Grünen die sich seit Jahren für das Thema Transparenz engagieren, Teil einer Bundesregierungskoalition – und wieder steht die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Schaffung echter Informationsfreiheit im Regierungsprogramm. Ausverhandelt von der heutigen Justizministerin Alma Zadic´ und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – dem Vernehmen nach nicht ohne eine Ehrenrunde, weil der Övp-spitze die Vereinbarungen zu weit gingen –, soll nun endlich der „gläserne Staat“kommen, wie es seit Beginn der Koalition heißt.
Jetzt geht es „in die Zielgerade“, Österreich in die „Champions League“der Transparenz zu befördern, wie es Vizekanzler und Grünen-chef Werner Kogler verspricht. Gestern haben die Beratungen darüber, wie das gesamte Transparenzpaket aussehen soll, mit den anderen Nationalratsparteien begonnen. Diese Verhandlungen braucht es, weil das Amtsgeheimnis als Verfassungsmaterie nur mit einer Zweidrittelmehrheit abgeändert oder beschränkt werden kann genauso wie für die Schaffung von Auskunftsrechten, die auch die Länder binden.
Dazu braucht die türkis-grüne Koalition zumindest auch die Stimmen von SPÖ oder FPÖ. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer ist guter Dinge, hier bald Einvernehmen herstellen zu können – bis zum Sommer soll ein konkreter Gesetzesvorschlag vorliegen, Anfang nächsten Jahres könnte ein neues „Informationsfreiheitsgesetz“in Kraft treten.