Von Hoffnungsträgern und falschem Hype
Ein neuer Durchbruch in der Therapie ist mit Vorsicht zu betrachten, sagen Mediziner.
Die Welt sucht nach wirksamen Medikamenten gegen Covid-19 – und die Suche wird begleitet von aufgebauschten Erfolgsmeldungen und entzauberten Wundermitteln. Diese Woche gab es wieder eine Jubelmeldung: Britische Mediziner berichteten von einem „Durchbruch“, das Kortison-präparat Dexamethason konnte die Sterblichkeit von schwerst kranken Covid-patienten um ein Drittel senken. Auch WHO-CHEF Ghebreyesus sprach von einer „großartigen Neuigkeit“.
Doch Mediziner warnen vor zu viel Euphorie, denn: Kortison wird seit Jahrzehnten in der Intensivmedizin eingesetzt, mit wechselndem Erfolg, wie Walter Hasibeder von der Fachgesellschaft für Intensivmedizin unterstreicht. Auch bei Covid-19-patienten gehört es zum Therapieschema – von einem Durchbruch sollte man nicht sprechen. Außerdem könne die Gabe von Kortison Nachteile haben: Es wirkt nicht direkt gegen das Virus, sondern bremst die überschießende Immunreaktion des Körpers, die im Verlauf der Covid-erkrankung zum Problem werden kann. „Das Drosseln des Immunsystems könnte andere, sogenannte Superinfektionen begünstigen“, sagt Infektionsspezialist Bernhard Haas (Kages).
Die bisherigen Therapieerfahrungen zeigen außerdem: Es gehe weniger darum, das eine Wundermittel zu finden, sondern vielmehr darum, Medikamente gezielt in verschiedenen Phasen der Erkrankung einzusetzen. So könne das antivirale Medikament Remdesivir in der frühen Phase optimal wirken, wenn es darum gehe, die Vermehrung des Virus zu hemmen. „In einer späteren Phase muss oft die überschießende Entzündung reduziert werden, dabei kann Kortison oder ein anderer Immunhemmer helfen“, erklärt Haas.
Was wurde aus dem Hoffnungsträger Hydroxychloroquin? Nachdem es von Präsident Trump als Wundermittel angepriesen wurde, ging es für den Malaria-wirkstoff bergab: Studien zeigten keine Überlebensvorteile, aus Therapieplänen wurde es gestrichen, die USA haben die Ausnahmegenehmigung für die Behandlung zurückgezogen, Studien wurden gestoppt. „Wir brauchen jetzt eine genaue Auswertung der bisherigen Studienergebnisse, für ein endgültiges Urteil ist es noch zu früh“, sagt Haas. Sonja Krause