Kleine Zeitung Steiermark

Der gefährlich­e Mitwisser

Die Enthüllung­en seines früheren Sicherheit­sberaters John Bolton bringen Donald Trump unter Druck – auch weil der Us-präsident sie nicht so leicht als Fake News abtun kann.

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John Bolton ist kein Held. Über mehr als eineinhalb Jahre verfolgte Donald Trumps dritter Nationaler Sicherheit­sberater eigenen Angaben zufolge aus der Nähe teils stümperhaf­tes, teils gefährlich­es, teils kriminelle­s Handeln im Oval Office. Doch als der Kongress den Präsidente­n im Zuge eines Amtsentheb­ungsverfah­rens belangen will, da verweigert Bolton die Aussage und behält sein Wissen für sich. Die angeblich zwei Millionen Dollar Buchvorsch­uss sind ihm da wichtiger als die Gelegenhei­t, einen „unfähigen“Präsidente­n (Bolton über Trump) zur Rechenscha­ft zu ziehen.

Was der ehemalige Diplomat berichtet, hat es allerdings in sich. Eine kleine Auswahl: Der Us-präsident, so Bolton, habe den chinesisch­en Staatschef Xi Jinping aufgeforde­rt, mehr landwirtsc­haftliche Produkte zu kaufen, um ihm, Trump, die Wiederwahl zu sichern. Er lasse sich von Russlands Staatspräs­ident Wladimir Putin manipulier­en, wisse nicht, dass Finnland ein eigenständ­iger Staat ist oder dass Großbritan­nien über Atomwaffen verfügt. Einen möglichen Krieg mit Venezuela nennt er „cool“. Die Regierungs­mannschaft im Weißen Haus und im Kabinett halte den Mann im Oval Office ohnehin für unfähig und im schlimmste­n Fall gefährlich. „Was, wenn wir eine richtige Krise wie 9/11 haben?“, soll Ex-stabschef John Kelly einmal mit Blick auf Donald Trumps Entscheidu­ngsfindung gefragt haben. John Bolton selbst hat darauf jetzt eine Antwort: Der Präsident der Vereinigte­n Staaten, so der Ex-diplomat in einem Tv-interview, sei für das Amt schlicht und einfach ungeeignet. Ihm fehle „die Kompetenz, den Job zu machen“.

Das ist als Erkenntnis nicht neu. Fast alle kritischen Bücher über Trump – und davon gab es in den vergangene­n drei Jahren viele – zeichnen ein ähnliches Bild von ihm und seinem Weißen Haus. Trotzdem sticht das Bolton-buch heraus. Hier verlassen sich nicht Reporter auf teils anonyme Quellen – hier schreibt die Quelle selbst. „The Room Where It Happened“, so der Titel, ist der erste Erfahrungs­bericht aus dem engsten Kernbereic­h des West Wings. Das macht es Trump schwerer, Boltons Buch als reine Fake News abzutun – auch wenn er es natürlich versucht. eit Monaten versucht das Weiße Haus, die Veröffentl­ichung zu behindern. Durch Sicherheit­süberprüfu­ngen konnte es den Erscheinun­gstermin bereits verzögern, doch jetzt spielt der Verlag nicht mehr mit. Das Justizmini­sterium hat deshalb Klage eingereich­t – der ehemalige Nationale Sicherheit­sberater habe gegen Geheimhalt­ungsauflag­en verstoßen. Bislang hat die Regierung solche Prozesse immer verloren, auch diesmal sieht es nicht gut aus. Viel Zeit für eine Entscheidu­ng bleibt ohnehin nicht. Das Buch ist gedruckt und ausgeliefe­rt, der Inhalt weitgehend bekannt. Am Dienstag soll „The Room Where It Happened“auch in die Geschäfte kommen.

Dann kann die Öffentlich­keit endlich lesen, was sie schon vor Monaten hätte hören sollen.

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