Kleine Zeitung Steiermark

Die modische Revolution im Imperium

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Die Römer sind seit Jahrzehnte­n im Land, und plötzlich tragen die Steirer wieder Kelten-tracht.

Ein bis heute ungelöstes Rätsel.

Das Abbild auf der Grabstele zeigt drei Personen. Den römischen Bürger Lucius Cantius Secundus, seine Frau Cantia Bonia und deren Tochter Cantia Boniata. Bis 1818 war diese Stele an der Außenmauer der Grazer Pfarrkirch­e St. Leonhard eingelasse­n, danach ging sie in den Besitz des Landesmuse­ums Joanneum über. Heute ist sie im Archäologi­emuseum im Schloss Eggenberg zu sehen. Das Besondere daran: Diese Cantius-stele gilt als eines der großen Rätsel unserer Zeit.

Der Hintergrun­d ist schnell erklärt. Secundus lebte mit seiner Familie und einigen Sklaven in Graz und dürfte um das Jahr 100 n. Chr. als wohlhabend­er Mann verstorben sein. So weit, so gut, doch ein genauer Blick auf die aus Gummerner Marmor gefertigte Stele offenbart, dass die Familie eine seltsame Tracht trägt. Tochter Boniata etwa trägt eine norische Haube mit Schleier, Bonia hat eine Modius-mütze aus Leder, Filz oder Pelz. Außerdem sind Fransen an der Toga zu erkennen, ponchoarti­ge Kleidung, untypische­r Schmuck. Mit römischer Kleidung hat das nichts zu tun – dies ist vielmehr die Mode der Kelten.

Barbara Porod, Chefkurato­rin im Archäologi­emuseum, versucht, dem Geheimnis seit Jahren auf den Grund zu gehen: „Man muss sich das einmal vorstellen. Seit 15 v. Chr. breitete sich hier das römische Imperium aus, schafft neue Handelsweg­e in der Region. Unter Augustus war das Königreich Noricum fester Bestandtei­l des Imperiums. Es gibt keinen Widerstand, keine Schlacht. Noricum ist die fadeste Provinz im ganzen Reich“, wird sie in dem Buch „Erklär mir die Grazer Geschichte“(Edition Kleine Zeitung) zitiert.

Und dann plötzlich dieser modische Fauxpas. Und doch, die Moderevolu­tion des Secundus wird geduldet. Hier dürfte der Umstand eine große Rolle gespielt haben, dass sich das

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