Nach 73 Jahren sperrt letzter Greißler zu
Das Gemischtwarengeschäft „Gsell“vor den Toren von Graz schließt seine Pforten. So wie der Florist Hajek am Jakominiplatz.
Der Abschied fällt leise aus, aber schwer. An der Kassa nimmt Linde Gsell eine weinende Kundin in den Arm, hinten an der Fleischtheke erhält Verkäuferin Renate neben Abschiedsgrüßen auch Blumen. Baldriantropfen wären ihr lieber, murmelt sie, während die Brotschneidemaschine klirrt und die Klinge ihre letzten Runden dreht.
Mit dem Gemischtwarengeschäft Gsell in Dörfla schließt am Dienstag der letzte Greißler im Bezirk Graz-umgebung nach 73 Jahren seine Pforten.
„Die Doppelbelastung war für mich nicht mehr möglich“, erzählt Linde Gsell. Ihr Mann Hans, der das Geschäft mit 15 Jahren als jüngster Hornigkaufmann von seinem Vater übernahm, kann nach einem Schlaganfall und einer kürzlich aufgetretenen schweren Krankheit nicht mehr arbeiten. füllen der Einkaufssackerln behilflich, sondern auch beim Einladen ins Auto. „Der persönliche Service macht uns aus“, betont sie stolz.
In einer beschleunigten Welt von heute wird genau dieser Vorteil oft zum Nachteil, wie die Kauffrau weiß: „Sehr viele Menschen meiden den menschlichen Kontakt bewusst. Sie wollen anonym und schnell einkaufen“, bedauert Gsell, die für ihre Kunden auch am Sonntag das Geschäft aufsperrte, wenn die letzte Butter fürs Backen oder das Bier beim Feuerwehrfest fehlte.
Die 66-Jährige, die in mehr als 50 Jahren Geschäftstätigkeit stets mehr „Gast“-wirtin als Kauffrau war, schließt ihren Laden am 30. Juni. Und verabschiedet sich trotz Wehmut zuversichtlich für ihr Gewerbe. „Irgendwann wird der kleine Nahversorger wieder gefragt sein.“
sagt man es schon auf dem Grazer Jakominiplatz durch die Blume. Nun aber, Ende Juli, schließt der Florist Hajek am Stand Nummer 11 seine Pforten. „Ich gehe in Pension“, verrät Andrea Borstnar. Und bei aller Wehmut freue sie sich auf diesen Schritt. Seit 42 Jahren hilft sie selbst Kunden dabei, mit einem Strauß Rosen die Liebe zu gestehen. Oder zu sagen, dass einem etwas leidtut. Künftig wird die „Eisperle“diesen Stand übernehmen.