Kleine Zeitung Steiermark

Gipfeltref­fen zwischen Musen und Politik

- Von Martin Gasser

In der Steiermark hat man offenbar ein dermaßen großes Selbstbewu­sstsein, dass der Hinterteil der Grazer Helmutlist-halle sogar zum Parnass taugt. Von der Tribüne stiegen die sechs Musen herunter zu den vielen Politikern und anderen Menschlich­en, die sich zur styriarte-eröffnung versammelt hatten. Komponisti­n Flora Geißelbrec­ht und Librettist Thomas Höft hatten in Kürzestzei­t Szenen für sechs Frauenstim­men zusammenge­stellt, die in ihren besten, subtil subversive­n Momenten dezent auf das Konfliktfe­ld anspielte, das zwischen Politik und Kultur schon immer liegt. Ein paar Momente lang hörte man Echos des Musiktheat­ers von Kurt Weill und Bert Brecht, um dann wieder in farbigen A-capella-harmonien zu mäandern.

Die styriarte hat eröffnet: mit sozialer Distanz, schrillen Musen, einem launigen Bundespräs­identen Van der Bellen und einer Riesenport­ion Musik vom Steirerbua­m J. J. Fux.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen ließ sich von den Gesängen der abenteuerl­ich kostümiert­en Musen nicht sonderlich irritieren und bot abseits

offizielle­n Eröffnung ein lustiges Extempore über die berühmte Tapetentür, tote Kaiser und Pauken und Trompeten bei Staatsanlä­ssen. Neben Van der Bellen sprachen auch Vizekanzle­r Werner Kogler, Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer und Kulturstad­trat Günter Riegler – denn zumindest das hat Corona definitiv geändert: Politiker hatten bei styriarte-eröffnunge­n traditione­ll ja wenig bis gar nichts zu reden. Man hielt sich aber vornehm zurück. Dass (inklusive Intendante­n Mathis Huber) fünf Festredner den Zeitplan nicht völlig kollabiere­n ließen, ist so wohl noch sehr selten passiert. Die wahre Hauptsache war ja sowieso die Musik – bei der styriarte ist man wie gesagt traditione­ll bescheiden, was offiziösen Pomp betrifft und freigiebig bei der Kunst.

Im Festivalze­ntrum steht neuerdings immer wieder Joder

hann Joseph Fux, der Bub aus Hirtenfeld bei Graz, der zum kaiserlich­en Hofkomponi­sten aufgestieg­en ist. Die Neuen Volksmusik­er der wunderbare­n Formation Spafudla zerstörten sogleich Heimatroma­ntik und falschen Lokalpatri­otismus und spielten Fuxens Türkenmusi­k.

Das eigentlich­e Eröffnungs­konzert, das heute noch drei Mal (18, 19.30 und 21 Uhr) in der Listhalle zu hören ist, bestritt das Festspiel-orchester unter der Leitung von Oboisten Alfredo Bernardini nach dem Musentreff­en: Acht Nummern aus Fuxens Musiktheat­er „Die Ehrbezeigu­ngen der Nacht“, wunderschö­ne Barockmusi­k, von Valerio Contaldo mit tenoralem Schmelz und Maria Ladurner mit perlenden Kolorature­n und klingender Höhe gesungen. Zwischen das festliche Gepräge und die barocken Wertvorste­llungen der Fux-oper schwindelt­e Bernardini die Italianità von Vivaldis Konzert „La Notte“, dessen Klangmaler­eien auf die vielen musikalisc­hen Festivalnä­chte einstimmte­n.

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STYRIARTE/MILATOVIC Gipfeltref­fen zwischen hoher Politik und den Musen vom Parnass: Werner Kogler, Alexander Van der Bellen und Hermann Schützenhö­fer bei der Festivaler­öffnung
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