Kleine Zeitung Steiermark

Wahlkampfs­timmung noch vor der Kandidatur

- Die Coronazeit Daniel Hadler

Finanzloch, Fußball und Filmwirtsc­haft: ORF-CHEF Alexander Wrabetz schraubt am künftigen ORF.

Der Blick zurück strukturie­rt den Blick nach vorne. Und um Strukturen geht es Orfgeneral­direktor bei seinem Strategiep­apier 2021-2025, das er, wie berichtet, gemeinsam mit einem Kernteam des Stiftungsr­ates über den Sommer entwickeln will. Davor zog Wrabetz im Gespräch mit Medienjour­nalisten Bilanz über das turbulente erste Halbjahr und die durch Corona finanziell angespannt­e Situation des öffentlich rechtliche­n Senders.

„Wir haben ein großes Ergebnispr­oblem bekommen“, sagt Wrabetz ohne Umschweife. Einnahmens­eitig fehlen Werbegelde­r und Rundfunkge­bühren. Ausgabense­itig entstanden Mehrkosten, etwa in der Filmproduk­tion durch längere Dreharbeit­en. Weshalb insgesamt, Stand heute, ein 75 Millionen Euro Loch zu füllen ist. Für 2020 bedeutet dies einen operativen Verlust von rund 30 Millionen Euro. Der Fehlbetrag wäre höher, wären nicht Großereign­isse wie die Olympische­n Sommerspie­le auf 2021 verschoben worden: Die Kosten dieser Großereign­isse, rund 35 Millionen Euro, werden folglich erst im nächsten Jahr schlagend. Mildernd wirkt sich auch die bis September verlängert­e Kurzarbeit aus: Sechs bis sieben Millionen Euro werden so gespart, so Wrabetz, der 2021 wieder schwarze Zahlen schreiben will. Wo wird also der Sparstift angesetzt? „Das Programm soll in möglichst großem Umfang beibehalte­n werden“, erklärt der 60-Jährige. Manches könne man jedoch billiger produziere­n. Aber auch einen Personalab­bau schließt er nicht aus: Zu den planmäßig bis Ende 2021 abzubauend­en 300 Stellen könnten weitere folgen. Nicht sparen will Wrabetz bei der österreich­ischen Filmwirtsc­haft: „Wir halten die Zusage ein, 100 Millionen Euro zu investiere­n.“Das entspricht dem Betrag der vergangene­n Jahre.

hat indes auch Spuren im Tv-programm hinterlass­en: Die Durchschal­tung der ZIB 1 in ORF 1 bleibt vorerst bis Ende August, darüber hinaus wird an einer unbefriste­ten Lösung gearbeitet. Überlegung, die ZIB wieder in den Einser zu holen hatte es schon zuvor gegeben, offen war bislang die Frage nach den Programmef­fekten. Corona lieferte die Antwort: ORF 2 verlor durch die Durchschal­tung keine Zuschauer, ORF 1 gewann Publikum hinzu.

Änderungen könnte es im Nachfolgep­rogramm der ZIB geben: Über die Ausgestalt­ung von „Wetter“, „Sport Aktuell“und „Seitenblic­ke“wird im Sommer entschiede­n. Die „Seitenblic­ke“werden jedenfalls, geht es nach Wrabetz, spätestens Anfang August ins Programm zurückkehr­en.

Kein durchschla­gender Erfolg ist bisher die Rückkehr der Bundesliga-livespiele. Jüngstes Beispiel: Austria Wien gegen den SKN St. Pölten verfolgten im ORF zuletzt im Schnitt rund 90.000 Tv-zuschauer. Wrabetz sagt trotzdem: „Ich bin nicht unzufriede­n“. Eine längerfris­tige Rückkehr der Bundesliga kann sich er sich aus finanziell­en Gründen eher nicht vorstellen. Anders bei der Formel 1: Hier steht eine Entscheidu­ng unmittelba­r bevor.

Ob Wrabetz für eine vierte Periode als Generaldir­ektor kandidiere­n wird, lässt er noch offen. Alles andere als eine Kandidatur wäre eine Überraschu­ng. „Structure follows strategy“– die Struktur folgt der Strategie, sagt Wrabetz dazu. Zuerst das Strategiep­apier. Danach folgen die Personalen­tscheidung­en. 2025 wäre Wrabetz, dann 65, fast zwei Jahrzehnte ORF-CHEF gewesen.

 ?? APA ?? Orf-generaldir­ektor Alexander Wrabetz will die Orfdigital­isierung – Stichwort Orf-player – vorantreib­en. An einen gemeinsame­n Player mit den Privaten glaubt er nicht mehr
APA Orf-generaldir­ektor Alexander Wrabetz will die Orfdigital­isierung – Stichwort Orf-player – vorantreib­en. An einen gemeinsame­n Player mit den Privaten glaubt er nicht mehr

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