30.000 Tests pro Woche sollen Virus einbremsen
Gesundheitsminister zeigt sich besorgt über die Cluster im Bundesland Oberösterreich und setzt auf ein freiwilliges, aber großes Screeningprogramm im Land.
Weiter viel Vorsicht angesichts der Bedrohung durch Corona – und dazu wesentlich mehr freiwillige Testungen: So lautete im Rahmen einer Pressekonferenz das Fazit von Rudolf Anschober. Österreichs Gesundheitsminister verkündete einen „Quantensprung“im Ausbau der entsprechenden Kapazitäten – gemeint ist damit ein bundesweites Screeningprogramm auf Sars-cov-2: „Testen, testen, testen“also auch ohne konkreten Verdacht auf eine Infektion, aber nicht nach dem Zufallsprinzip. Mit nächster Woche werden gezielt jene Personen- und Berufsgruppen angesprochen, in denen die Situation genauer beobachtet werden soll. Untersucht werden sollen Personen ohne Symptome in potenziellen Risikobereichen – dazu gehören Betreuer und Bewohner von Pflegeund Altenheimen, in Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen, Krankenhäusern Tätige und Menschen in Logistikunternehmen sowie großen Fleischverarbeitungsbetrieben. Angesprochen werden sollen auch Menschen in heiklen auf
enthaltsrechtlichen Situationen oder in prekären Arbeitsverhältnissen, die sich sorgen, dass sie ein Krankenstand den Job kosten könnte, so Anschober.
„Wir gehen von einer zusätzlichen benötigten Kapazität von 25.000 bis 30.000 Tests pro Woche aus“, hielt Ulrich Herzog, stellvertretender Sektionsleiter für Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen im Gesundheitsministerium, dazu fest. Das Budget, das für dieses großflächige Screeningprogramm zur Verfügung steht, beläuft sich auf rund 240 Millionen Euro – 160 Millionen Euro wer
den voraussichtlich die Laborkosten verschlingen, weitere 80 Millionen die Organisation. Während die Tests im Rahmen des Screeningprogramms freiwillig sind, ist das für die Kontaktpersonen von nachweislich Infizierten anders: Hier sind die Tests behördlich vorgeschrieben, demzufolge „können sich Kontaktpersonen Tests nicht entziehen“, sagt Herzog.
„Wenn man etwas nicht gezielt sucht, wird man es auch nicht frühzeitig finden“, kommentiert Infektionsspezialist Bernhard Haas (Kages) die Screening-strategie, die epidemiologisch gesehen sinnvoll
sei. Nach den breiten Lockerungen sei es nun zentral, neue Fälle so schnell wie möglich zu entdecken und Kontaktpersonen nachzuverfolgen. Da eine Infektion mit dem Coronavirus ohne Symptome ablaufen kann, ist das Testen von Menschen ohne Beschwerden eine Methode, dem Entstehen neuer Cluster entgegenzuwirken.
Auch der Herbst bereite Anschober Sorgen, man wolle „mit aller Kraft“eine zweite Welle verhindern. Es gehe um die konsequente Umsetzung von Maßnahmen seitens der Bundesregierung, das Funktionieren eines raschen „Kontaktpersonenmanagements“und nicht zuletzt um die anhaltende Unterstützung durch Österreichs Bevölkerung: Das Risikobewusstsein habe in den letzten Wochen „schon abgenommen“, so Anschobers Eindruck. Bekannte Abstandsregeln und Schutzmaskenpflicht in verschiedenen Lebensbereichen gelten aber nach wie vor, hielt der Gesundheitsminister dazu fest.
Zur aktuellen Situation sagt Anschober, dass „ihm persönlich“die Zahl der Neuinfektionen „zu hoch“sei: Bereits seit Mittwoch beobachte er eine „erwartete, aber durchaus mit Sorge zu sehende Entwicklung“. Die Daten aus Oberösterreich seien „alles andere als erfreulich“, generell sei jedoch mit einer Erhöhung der Fallzahlen in dieser Phase gerechnet worden. Ziel sei, den Anstieg rasch wieder einzufangen. Der oberösterreichische Coronacluster, in dessen Zentrum eine freikirchliche Gruppe steht, breitete sich weiter aus: Er umfasste gestern bereits 99 Personen. Österreichweit gab es gestern insgesamt 722 Virus-erkrankte. Zur aktuellen Coronasituation in der Steiermark lesen Sie mehr im Bundeslandteil.