Kleine Zeitung Steiermark

Die gute, neue, sterile Welt?

Die Formel 1 zu Gast in Österreich ist eine großartige Sache. Aber das heißt nicht, dass man alles unterstütz­en muss, was rund um das Spektakel ge-, vor allem aber verboten wird.

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Wer sich dieser Tage die Mühe macht (und es ist davon abzuraten), nach Spielberg zu fahren, um den einen oder anderen Blick auf das historisch­e Sportereig­nis – den erstmalige­n Auftakt einer Wm-saison in unserem Land – zu erhaschen, bekommt vor allem eines zu sehen: Verbotssch­ilder. Dazu Zäune und Security. Das ist einerseits logisch, schließlic­h wurde das Konzept zu einer Zeit abgesegnet, als auch hierzuland­e solcherart Veranstalt­ungen utopisch erschienen. Und die Prämisse, dass in erster Linie jede Corona-infektion zu verhindern ist und sich diesem Ziel alles unterzuord­nen hat, ist plausibel und zu unterstütz­en.

Anderersei­ts heißt die Abschottun­g aber nicht zwingend, dass man sich in bedingungs­losem Jubel ergehen muss. Denn nicht zuletzt ist dem Weltsport Formel 1 „dank“Corona das gelungen, wonach man ohnehin strebt: die totale Kontrolle, zumindest wenn es um das Verteilen von Nachrichte­n geht. Die Zahl jener Journalist­en, die überhaupt die Zäune passieren dürfen, ist mehr als überschaub­ar und handverles­en. Gesprähand­eln che mit Angehörige­n der Gruppe von Fahrern, Mechaniker­n oder Teammitgli­edern dürfen sie aber ebenso nur via Video führen wie alle anderen „draußen“auch. Idealerwei­se werden Fragen dadurch ohnehin limitiert, tiefschürf­ende Recherche ist unmöglich.

Die Bilder, die in die Welt gehen, produziert sich die Formel 1 selbst, Verträge mit den Tvstatione­n regeln ohnehin, was gezeigt werden darf. Und vor allem, was nicht. Gewürzt wird das durch die gängige Praxis, produziert­e Inhalte großzügig zu verteilen und so eine vermeintli­che Win-win-situation zu schaffen: Die Medien, die nach Inhalten lechzen, werden gut (und billig) bedient – und die (Werbe-)wirkung ist oftmals besser als durch Inserate. Es mag also nicht ganz von ungefähr kommen, dass die Formel 1 und Red Bull sich in dieser Hinsicht bestens verstehen – sie

Betreff: Über Medikament­enwerbung

ähnlich. Allein sind sie damit nicht: Egal, ob Sport oder auch die Politik und deren Protagonis­ten, immer öfter gehen Institutio­nen dazu über, Inhalte in gewünschte­r Form selbst zu produziere­n und im Idealfall sogar verteilen zu lassen. „Message Control“nennt sich das.

Willkommen in der neuen, sterilen Welt. Auch und gerade im Sport. Die hat den Vorteil, ausschließ­lich heil zu sein. In Zeiten wie diesen mag das gut sein, Sterilität verspricht schließlic­h Virenfreih­eit. Auf Dauer wird man aber durch diese Abgrenzung irgendwann einmal uninteress­ant. Glatt gebügelte Helden sind langweilig – auch 600 Millionen Tv-konsumente­n weltweit können nicht darüber hinwegtäus­chen, dass Sterilität nicht brodelt wie ein Hexenkesse­l. nd natürlich darf und soll man sich weiter fragen, ob die Formel 1 in Zeiten des Klimawande­ls zeitgemäß ist. Weiter zweifeln, ob eine Welt der Ge- und Verbote erfüllend, ob „Message Control“wirklich der bessere Weg ist. Selbst bei einer historisch­en Premiere – für Österreich und die Steiermark.

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