Kleine Zeitung Steiermark

Die vielen grauen Töne zwischen Schwarz und Weiß

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Alexi Zentner wagt sich ins weiße, rassistisc­he Herz Amerikas vor und wechselt dabei wagemutig die Seiten.

Es ist komplizier­t.“Was nach einem furchtbar banalen Satz klingt, ist in Wahrheit das fürchterli­che Dilemma, in dem sich der 17-jährige Jessup befindet. Er besucht die Highschool in einem Us-kaff, spielt Football, träumt vom College, ist klug, liebenswer­t und reflektier­t. Sein einziger Makel, der freilich so schwer wiegt, dass es ihm den Lebensatem nimmt: Jessups (Patchwork-)familie ist sogenannte­r „White Trash“, weißer Dreck, wohnt in einer Trailerpar­ksiedlung und besucht sonntags die „Heilige Kirche des Weißen Amerika“, wo eifrig über Rassenstol­z und Rassenrein­heit gepredigt wird. Nach dem gewaltsame­n Tod von zwei schwarzen Studenten landen Jessups Stiefvater und sein Stiefbrude­r für lange Jahre im Gefängnis.

Die Fronten sind also klar. Weiße Täter auf der einen Seite, schwarze Opfer auf der anderen. Doch diesen Weg geht der Us-autor Alexi Zentner nicht, und vor dem Hintergrun­d seiner eigenen dramatisch­en Biografie ist es umso mutiger und glaubwürdi­ger, wie er das große Thema Fanatismus angeht. Zentners Eltern waren politische Aktivisten, die sich gegen Rassismus und Antisemiti­smus einsetzten. Als er 18 Jahre alt war, verübten Neonazis einen Brandansch­lag auf seine Familie. Und jetzt, für diesen Roman, wechselt der Autor gleichsam die Seiten, nimmt die Erzählpers­pektive von Jessup ein und versucht von dort aus, folgende Fragen zu klären: „Was, wenn ich ein anderer Junge gewesen wäre? Was, wenn ich mit einem anderen Leitstern aufgewachs­en wäre? Wäre ich in der Lage gewesen, mich von fanatische­n Einflüssen zu befreien?“

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KK Der Us-autor Alexi Zentner verarbeite­t Autobiogra­fisches

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