Der befreite Präsident
In seiner zweiten Amtszeit könnte der Pole wieder zu sich selbst finden.
Andrzej Duda strahlte. „Es lebe Polen“, rief er im Chor mit seinen Anhängern. Eine schwere Last schien in der Wahlnacht vom polnischen Präsidenten abgefallen zu sein. Äußerst knapp, aber am Ende hatte der 48-jährige Kandidat der rechtskonservativen PIS sein Amt gegen den liberalen Herausforderer Rafał Trzaskowski verteidigt. Der Jubel zeugte aber nicht nur von enormer Erleichterung. Er erzählte auch viel über den Menschen Duda, der 2015 als weithin unbekannter Eu-abgeordneter ins Amt gelangte. Einfach weil der mächtige Pis-chef Jarosław Kaczyn´ski einen möglichst harmlosen Bewerber suchte, den er lenken konnte. So kam es auch. Der promovierte Jurist unterschrieb anstandslos alle Gesetze, die ihm die Pis-regierung vorlegte. Das brachte ihm den Spitznamen „Kugelschreiber“ein. Dabei verfügt der Präsident über ein starkes Vetorecht. Duda hätte also mitgestalten können, wenn er nur „etwas Mut und Rückgrat“gehabt hätte, wie Trzaskowski ätzte. Duda konterte mit Hass und Häme. Er suggerierte, Homosexuelle, für deren Rechte sich Trzaskowski einsetzte, seien keine Menschen. In der Wahlnacht entschuldigte sich Duda. Tatsächlich passten die Hetzreden nicht zu dem kultivierten Mann, der als Sohn eines Professorenehepaars im konservativen Umfeld der Krakauer Jagiellonen-universität aufgewachsen war. Verheiratet ist er mit der Germanistin Agata Kornhauser, einer Tochter des Dichters Julian Kornhauser. Das Paar hat selbst eine Tochter, die 25-jährige Kinga. Daher kam auch die Erleichterung: weil Duda nach der Wahl wieder in seine eigene Haut schlüpfen konnte und nicht mehr draufhauen musste. Sichtlich stolz hörte er den kurzen Reden von Frau und Tochter zu. Letztere betonte, dass ihr Vater die Menschen sehr wohl liebe.
Und dann skizzierte Kinga Duda das Bild eines Polens, in dem alle Menschen gleich sind. Wenn das kein Befreiungsschlag war – auch für den Vater, der seine zweite und letzte Amtszeit beginnt. Vielleicht mit etwas mehr Mut, er selbst zu sein.