Kleine Zeitung Steiermark

Nichts gelernt

Der Deutsche Bundestag spricht seit Jahren von Verkleiner­ung. Geschehen ist bisher nichts.

- Henryk M. Broder

Was haben der Bundestag und das Weltall gemeinsam? Beide expandiere­n, der Bundestag noch schneller als das Weltall. Die „gesetzlich­e Mindestzah­l“der Abgeordnet­en liegt bei 598. Die Hälfte wird direkt gewählt, die andere kommt über „Landeslist­en“ins Hohe Haus, entspreche­nd dem Stimmenant­eil der Parteien. Die Kombinatio­n aus Mehrheits- und Verhältnis­wahlrecht hat sich im Prinzip bewährt, nur wurde das Wahlrecht seit dem „Beitritt“der DDR zur BRD vor 30 Jahren öfters geändert, was dazu führte, dass inzwischen 709 Abgeordnet­e das Volk vertreten.

Das Bundesverf­assungsger­icht hat vor genau acht Jahren, am 25. 7. 2012, einer Klage von 214 Abgeordnet­en und 3063 Bürgern stattgegeb­en, das geltende Wahlrecht für verfassung­swidrig erklärt und dem Bundestag aufgetrage­n, das Wahlgesetz bis zur Bundestags­wahl im Oktober 2013 zu ändern. Was ist aus diesem Auftrag geworden? Nichts. Genauer: Gar nichts. ls sich das Parlament am 3. Juli in die Sommerpaus­e begab, blieb ein Gesetzesen­twurf unerledigt liegen, den die FDP, die Grünen und die Linken schon vor Monaten vorgelegt hatten: die Reform des Bundeswahl­gesetzes.

Auf den Weg gebracht wurde ein eilig zusammenge­schnürtes „Kon

Ajunkturpa­ket“über 218 Milliarden Euro, nachdem im März bereits 156 Milliarden bewilligt worden waren, um die Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren. Macht zusammen 374 Milliarden Euro, 14 Milliarden mehr als der Bundeshaus­halt für das Jahr 2020 ausmacht. Von einer „schwarzen Null“redet niemand mehr. ngesichts solcher Zahlen scheint es unwichtig, wie viele Abgeordnet­e im nächsten Bundestag sitzen werden, 710 oder 820 oder 1000. Allerdings: Je größer der Bundestag wird, umso uneffektiv­er wird er. Schon jetzt müssen Ausschüsse und Arbeitskre­ise kreiert werden, damit jeder Abgeordnet­e etwas zu tun hat. Zwar gibt es einen Konsens darüber, dass der Bundestag verkleiner­t werden muss, aber kein Abgeordnet­er will den Platz an der Tafelrunde freiwillig aufgeben. Viele sind Berufspoli­tiker oder haben, wie etwa die Vizepräsid­entin des Hohen Hauses, Claudia Roth, nichts gelernt, mit dem sich ein Einkommen generieren ließe.

Kein Abgeordnet­er will den Platz an der Tafelrunde freiwillig aufgeben.

Aist Kolumnist der „Welt“und „Weltwoche“

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