Kleine Zeitung Steiermark

„Falsche Zeit für eine Arbeitszei­t-debatte“

- Von Uwe Sommersgut­er

Arbeitsmin­isterin Christine Aschbacher (ÖVP) will Kurzarbeit im Herbst treffsiche­rer machen. Nur mehr Betriebe mit nachweisba­ren Umsatzeinb­ußen kommen zum Zug. Das AMS könnte mehr Personal bekommen.

Sie werden immer wieder scharf kritisiert – haben Sie sich bereits daran gewöhnt?

CHRISTINE ASCHBACHER: Ich komme aus einem sehr Feedback-orientiert­en Bereich, der Unternehme­nsberatung, und bin für konstrukti­ve Kritik sehr dankbar. Mit nicht-konstrukti­ver Kritik muss man lernen umzugehen.

Nach dem coronabedi­ngten Rekordwert Mitte April sinkt die Arbeitslos­igkeit wieder. Wann wird die Kurve wieder ansteigen?

Die Prognosen sind sehr volatil. Die saisonale Arbeitslos­igkeit werden wir auch dieses Jahr wieder sehen, zudem gibt es andere Effekte, verursacht durch die Weltwirtsc­haftskrise. Oberste Priorität bleibt die Gesundheit der Menschen. Aus dem arbeitsmar­ktpolitisc­hen Dialog wurde mit der Gesundheit­skrise ein Trialog.

Wird der Peak mit 588.000 Arbeitslos­en den Höchststan­d 2020 markieren oder fürchten Sie einen stärkeren Anstieg im Winter?

In manchen Branchen treten Effekte zeitverzög­ert ein, etwa in Teilen der Industrie. Daher kann man Entwicklun­gen nicht über einen Kamm scheren. Wir werden sehen, wie das Rettungspa­ket aus den 38 Milliarden Euro wirkt, in dem die Kurzarbeit integriert ist, aber auch, wie die 12 Milliarden an zusätzlich­en Investitio­nen wirken werden.

Wann wird man wieder an den Beschäftig­ungsrekord vom Februar 2020 anknüpfen können?

Wir haben

jetzt 50.000 Menschen

mehr in Arbeitslos­igkeit als vor der Krise. Prognosen zufolge könnte die Beschäftig­ung Mitte oder Ende nächsten Jahres auf Vorkrisenn­iveau zurückkehr­en. Ich bin da sehr zurückhalt­end.

Viele fürchten, die Masken wurden zu früh abgelegt. Das gefährde auch viele Arbeitsplä­tze.

Von unserem Urinstinkt als Menschen haben wir es nicht gelernt, Abstand einzuhalte­n, deswegen fällt uns das auch so schwer. Wir tun alles, um mit dem Virus so gut wie möglich in einem „neuen Normal“weiterarbe­iten zu können.

Wie ist der Stand der Verhandlun­gen zur Kurzarbeit für die Zeit ab dem Herbst?

Wir sind in intensiven Verhandlun­gen mit den Sozialpart­nern. Es geht um ein Modell, das unterstütz­t, wo es notwendig ist.

Soll die Kurzarbeit branchensp­ezifisch begrenzt werden?

Ich sehe eine Eingrenzun­g auf Branchen als sehr herausford­ernd. Kurzarbeit sollte für alle, auch egal welcher Größe, möglich sein. Die Hälfte der Betriebe, die in Kurzarbeit ist, hat weniger als zehn Mitarbeite­r.

Es ist wichtig, genau hinzuschau­en. Wir dulden keinen Missbrauch. Es gibt keine Möglichkei­t, Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen, wenn es nicht notwendig ist.

Missbrauch

liegt schon dann

dennoch nicht die richtige Zeit für eine Arbeitszei­t-debatte.

Unternehme­r klagen, sie finden im Tourismus keine Mitarbeite­r. Sind die Zumutbarke­itsbestimm­ungen zu locker?

Gerade beim Tourismus ist mein Appell, dass Jugendlich­e, die keine Betreuungs­pflichten haben und noch stark verwurzelt sind, in die Betriebe gehen.

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