„Die Lage ist erschütternd, aber wir geben nicht auf“
Diesen Tag wird sie wohl niemals vergessen: Rita Rhayem, Generaldirektorin der Caritas Libanon, über den Schock der Explosion
in Beirut – und wie sie versucht, am Ort des Geschehens zu helfen.
verlassen, um in die Küche zu gehen. Ihr Laptop wurde vom Tisch geschleudert, Tür und Fenster prallten auf ihren Schreibtisch und zerschlugen das Holz. Es ist pures Glück, dass sie noch am Leben ist. Zugleich bin ich froh, dass sich das alles nach Büroschluss in Beirut ereignete und sich nicht mehr so viele Menschen in den Gebäuden im Zentrum aufhielten – sonst wäre es noch schlimmer ausgegangen. und Internet teilweise ausfallen. Dass der Hafen als Lebensader nach außen vollkommen außer Kraft gesetzt ist, gefährdet die Versorgung der Bevölkerung.
Viele Länder haben dem Libanon Unterstützung zugesagt. Wie kann man am besten helfen?
Wir sind sehr froh über die Hilfsbereitschaft. Aber es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass diese Krise nicht von heute auf morgen vorbei sein wird. Wertvolle Infrastruktur wurde zerstört, die wieder aufgebaut werden muss. Dazukommt, dass wir es gleichzeitig und zuvor schon mit der Coronaviruskrise zu tun hatten, zudem mit einer Wirtschaftskrise, bei der die Währung 80 Prozent ihres Wertes und die Menschen große Teile ihrer Einkommen verloren haben. Als Nachbarstaat Syriens hat der Libanon zudem Tausende Flüchtlinge aufgeschreibtisch
nommen und unterstützt. Es ist eine Mehrfachkrise auf fast allen Ebenen, und ich kenne viele Menschen, die schon vor dieser grauenhaften Explosion das Gefühl hatten, sie können all das nicht mehr verkraften. Im Moment kann ich nur sagen: Wo immer man hinsieht, wird Hilfe benötigt.
Wie stehen Sie das alles durch?
Die Lage ist erschütternd und unfassbar, aber ich weiß zugleich auch, dass die Menschen hier schon sehr viele Katastrophen gemeistert haben. Wir werden trotz allem nicht aufgeben. Ich persönlich bin sicher, Beirut wird sich aus seiner Asche wieder erheben.