„Tag der Wahrheit und Gerechtigkeit“
15 Jahre nach dem Hariri-mord: Gerichtshof in Den Haag verkündet morgen sein Urteil.
Starb bei einem Attentat: Rafik Hariri
Es war der spektakulärste politische Mord seit Ende des libanesischen Bürgerkrieges. Am 14. Februar 2005 um 12.55 Uhr legte eine Lastwagenbombe nahe der Corniche von Beirut eine ganze Häuserzeile in Schutt und Asche. Vor dem St. George Hotel in der Minetal-hosn-straße klaffte ein Krater von zehn Metern. Der Selbstmordanschlag galt dem Konvoi des Milliardärs und langjährigen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, der in der Bevölkerung nur „Mr. Libanon“hieß. Der 61-Jährige, der selbst am Steuer seines Mercedes 600 saß, war sofort tot. Mit ihm starben 21 Menschen. Zahlreiche Autofahrer wurden in ihren brennenden Fahrzeugen eingeklemmt, 226 verletzt.
15 Jahre sind seither vergangen, gefüllt mit weiteren politischen Morden, torpedierten Ermittlungen und offenen Drohungen. Seit sechs Jahren läuft der Prozess vor dem „Sondertribunal für den Libanon“(STL) in Den Haag, der bisher 600 Millionen Dollar verschlang. 300 Zeugen wurden vernommen, morgen wollen die Richter die Urteile verkünden. Angeklagt waren vier Tatverdächtige aus den Reihen der Hisbollah. Alle sind untergetaucht, niemand ist bis heute gefasst. Sollten die Täter nach einem Schuldspruch verhaftet werden, können sie einen neuen Prozess in Den Haag verlangen. Die Identität des Selbstmordattentäters in dem Kleinlaster ist bis heute nicht geklärt. Rafik Hariris Sohn, der spätere Ministerpräsident Saad Hariri, erklärte jüngst, er verspreche sich von dem Urteil „einen Tag der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Und so könnten angesichts der aufgewühlten Lage die Spannungen zwischen der schiitischen Hisbollah und den sunnitischen Libanesen neu eskalieren.
Die Beweisführung der Anklage in Den Haag beruht vor allem auf Indizien, die ein junger libanesischer Spezialermittler zusammentrug. Wissam Eid fand 2006 die entscheidenden Hinweise auf die Hisbollah-täter, als er aus Millionen von Handydaten drei Ringe von verdächtigen Mobiltelefonen herausfiltern konnte. Ein Netz von acht „roten“Handys, intern auch „der erste Kreis der Hölle“genannt, sei in den Tagen zuvor sowie am Tattag auffällig häufig in der Nähe Hariris verwendet worden. Alle Geräte waren zuvor in der nordlibanesischen Stadt Tripoli gekauft worden, gehörten offenbar den direkten Bombenlegern und sind seit dem Attentat verstummt.