Jetzt ist der ehemalige General gefragt
Der libanesische Präsident auf der Suche nach den Verantwortlichen.
Es ist erst wenige Wochen her, dass der 85-jährige Präsident Michel Aoun die politische Elite des Libanon zu einem Krisentreffen zusammenrief. Mehrere frühere Premiers boykottierten die Runde und sprachen von Zeitverschwendung. Über dem Land liege ein „Klima von Bürgerkrieg“, erklärte Staatschef Aoun daraufhin.
Die libanesische Regierung muss allen im Land vertretenen Konfessionen politische Repräsentation einräumen, dies ist ein Vermächtnis der französischen Kolonialherrschaft. So ist der Präsident ein Christ, der Regierungschef ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit.
Anders als die anderen führenden christlichen Politiker im Libanon entstammt Michel Aoun keiner einflussreichen Familie, er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach dem Studium an der Militärakademie in Beirut wurde er Offizier und stieg während des Bürgerkriegs im Alter von 48 Jahren zum jüngsten Oberbefehlshaber der libanesischen Armee auf. Wegen seines Widerstands gegen das Friedensabkommen von Taif zwang ihn die syrische Besatzungsarmee 1990 zur Flucht ins französische Exil. Die jungen christlichen Libanesen, die im Bürgerkrieg aufgewachsen waren, aber teilweise auch muslimische Libanesen, die Aoun für sich gewinnen konnte, protestierten für den damals so populären „General“. Aus dem Protest wurde eine politische Bewegung. Erst 2005, nach dem Rückzug der syrischen Armee, kehrte Aoun in den Libanon zurück. Seitdem stellt die Freie Patriotische Bewegung, deren Vorsitzender er war, die größte christliche Fraktion im Parlament. 2006 ging sie ein Bündnis mit der vom Iran unterstützten schiitischen Hisbollah ein, womit nach Aouns Ansicht ein christlichmuslimischer Bürgerkrieg verhindert werden konnte. Seit Oktober 2016 ist Michel Aoun Präsident des Libanon. Nach der Explosion in Beirut berief der dreifache Vater das Kabinett ein und erklärte im Vorfeld: „Ich werde nicht ruhen, ehe ich den Verantwortlichen kenne und ihm die härteste Strafe gebe.“