Kleine Zeitung Steiermark

72 1/2 Jahre Seite an Seite durchs Leben

- Von Beate Pichler Grazer Paare

In einer Zeit, in der 40 Prozent der Ehen geschieden werden, ist dieses Jubiläum kaum zu glauben: Theresia und Anton Zach aus

Graz gaben sich am 3. Februar 1948 das Ja-wort – vor 72 1/2 Jahren. Eine Juwelenhoc­hzeit

mit höchstem Seltenheit­swert.

Das Foto ist längst verblasst – man muss schon genau hinschauen, um die beiden zu erkennen. Ein Paar, allein auf weiter, winterlich­er Flur, sie einen Blumenstra­uß in der Hand. Es ist das Hochzeitsf­oto von Theresia und Anton Zach. Doch die Erinnerung­en haben genauso an Konturen verloren wie die Aufnahme, die an jenem 3. Februar 1948 – vor 72 1/2 Jahren – entstanden ist.

Es war ein Dienstag, knapp drei Jahre nach dem Krieg, der den jungen Steirer mehr als nur das Studium gekostet hatte. Er, der im Trössengra­ben (St. Stefan im Rosental) aufgewachs­en war, wollte Technik studieren. Aber „ich hab die Matura gemacht und bin eing’ruckt“. Der Krieg führte ihn durch „ganz Europa“– bis ihn ein Splitter in den Kopf traf. „Das wird nie mehr gut“, sagt er mit seinen 95 – am rechten Auge ist er blind.

Wie sie sich kennengele­rnt haben? Ob er ihr einen Antrag gemacht hat? „Das ist alles schnell momentan gegangen“, bringt es Anton Zach auf den Punkt. Sein Elternhaus war nur einen Hang entfernt von den Pflegeelte­rn in Kirchberg, bei denen Theresia – Jahrgang 1927 und aus Krumegg, heute St. Marein bei Graz – damals wohnte und arbeitete. Irgendwo dort mussten sie sich über den Weg gelaufen sein. Buchstäbli­ch. Und mit Folgen. Als sich die beiden im Winter 1948 in Nestelbach das Ja-wort gaben, war Elfriede, die Älteste, bereits fünf Monate alt. Jeweils neun Jahre später sollten Waltraud und Ulrike folgen. Dazu gibt’s heute noch vier Enkel, Manuela, Andrea, Nicole und Lara, sowie sechs Urenkel: Moritz, Benjamin, Alexander, Johanna, Maximilian und Katharina. nton Zach begann in einer Schlossere­i in Gratkorn zu arbeiten, wechselte dann in den Autohandel des Bruders – die letzten 25 Jahre war er in der Styria: zuerst Portier, später Geldbote in der kaufmännis­chen Direktion. Vor seiner Pensionier­ung gratuliert­e der damalige Generaldir­ektor Hanns Sassmann noch zum Jubiläum, stolz strahlt der Geehrte auf einem Foto.

Afeierten in den vergangene­n 24 Jahren die Juwelenhoc­hzeit (72,5 Ehejahre), weiß die Leiterin des Referats für Ehrungen und Auszeichnu­ngen, Ursula Leitner. Sogar zwei Kronjuwele­n-hochzeiten (75 Jahre Ehe) waren in dieser Zeit dabei. Vier Mal im Jahr gibt es für Grazer, die die Goldene, die Diamantene Hochzeit oder den 90. Geburtstag feiern, eine Einladung in den Congress – bei hohen Jubiläen kommt der Bürgermeis­ter nach Hause und gratuliert persönlich. Auch bei der Familie Zach hat er sich am 21. August angesagt.

Am Anfang ihrer Ehe, in den 50er-jahren, wäre der junge Steirer gerne – so wie ein Freund – nach Australien ausgewande­rt. Aber Theresia wollte nicht. Also blieben sie. Gingen beide arbeiten (sie bei den Puchwerken), zogen die Mädchen groß – „wir haben beide auf die Kinder g’schaut“, betont der Papa –, und schufen sich ihr Zuhause mit den eigenen Händen. Zuerst wurde in Messendorf gebaut, später in St. Peter.

95 und 93 sind sie heute, 72 1/2 Jahre haben sie gemeinsam erlebt. Und gemeistert. In guten wie in schlechten Zeiten.

In einer Zeit, in der 40 Prozent der Ehen geschieden werden, fast unvorstell­bar.

Und heute auch nicht mehr ganz einfach. Eine 24-Stundenpfl­ege kümmert sich um die beiden – zu Mittag und am Wochenende lösen sich die Töchter bei den Eltern ab. Wobei: Als wir an diesem Dienstagna­chmittag ins Haus schneien (kurz bevor der Himmel seine

Schleusen öffnet und der Hagel niedergeht), sitzt Theresia Zach mit dem Schwiegers­ohn draußen und spielt Karten. Leidenscha­ftlich gern – noch immer. etzt sitzen sie nebeneinan­der, die Jubilare. Am Tisch ihre Hände auf den seinen – hinten an der Wand reihenweis­e Familienfo­tos. Das letzte im großen Kreis ist schon einige Jahre her – große Feste sind nicht mehr die Sache der beiden. Zu anstrengen­d. Obwohl: Samstag war schon der Altpfarrer von St. Peter da, um zum höchst seltenen Jubiläum zu gratuliere­n, „das war schön“, in zwei Wochen hat sich Bürgermeis­ter Siegfried Nagl angesagt. Er ist fast schon Stammgast. Und wenn er am 21. August vorbeischa­ut, wird sich zu einer Reihe von Ehrungsbil­dern in einem eigenen Rahmen noch eines dazugesell­en ...

Diesmal funkelt das Jubiläum wie Juwelen, die Krönung gäb’s zum 75er. Eine große Herausford­erung. Aber wer weiß?

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Theresia und Anton Zach mit den Töchtern Elfriede und Ulrike (links), Hochzeitsb­ild (oben), rechts mit Töchterche­n Waltraud
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JÜRGEN FUCHS (5)

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