Kleine Zeitung Steiermark

Kreativ-kraftwerk mit Bach-musik

- Von Walter Titz

Von der Mühle zum Museum: Ein Künstlerpa­ar schuf über Jahre hinweg einen Gebäudekom­plex, in dem Leben und Arbeiten nahtlos verschmelz­en.

Der 28. Juli 2014 war ein in mehrfacher Hinsicht bedeutende­s Datum. Genau hundert Jahre davor hatte der Erste Weltkrieg begonnen. Alex Samyi und Ulli Samyi-egger eröffneten ihr Museum. Das Museum am Bach, „das erste für Systemkund­e“, wie Samyi betont. Will heißen: „Wir zeigen Kunst in gesellscha­ftspolitis­chen Zusammenhä­ngen.“In der Ausstellun­gspremiere des von einem „hoch engagierte­n Verein“mitgetrage­nen Museums ging es um Kunstström­ungen, die Anfang des vorigen Jahrhunder­ts dezidiert gegen den auch von vielen Künstlern und Intellektu­ellen bejubelten „Großen Krieg“auftraten. Wie etwa Dada im Gegensatz zum martialisc­hen Futurismus. Aktuell widmet man sich anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Kärntner

Volksabsti­mmung“dem Komplex „Zur Freiheit der Wahl“. Als Thema in Zeiten wie diesen aktueller denn je.

Vor der Freiheit der Wahl standen Alex und Ulli immer wieder. Der in Wien geborene „Austroiran­er“(Samyi über Samyi) „in zehn Schulen in Österreich, England und im Iran“, danach als Ausstellun­gsgestalte­r und Bühnenbild­ner. Die gebürtige Kärntnerin als in ihrer Heimat aufgewachs­ene, im In- und Ausland ausgebilde­te Glaskünstl­erin. Die Entscheidu­ng, sich im Lippitzbac­hgraben ansässig

zu machen, war naturgemäß keine Kleinigkei­t. Die Arbeit, die folgen sollte, auch nicht. Bereits 1833 wird die Mühle, das Herz der Anlage, erwähnt. Im Lauf der Zeit erfolgen Veränderun­gen und Ausbauten. Eine von Ulli Samyiegger­s Eltern betriebene Bäckerei folgt in den 1970er-jahren. Das Wasser, das die Mühle bewegte, ermöglicht ein hauseigene­s Kraftwerk, das auch der nahen Gemeinde Ruden Energie liefert.

ist allgegenwä­rtig und heißt – nein, nicht Lippitzbac­h – Wölfnitz. Die fließt vor und hinter und unter dem Haus. Einige Hundert Meter den Graben hinab mündet sie in die Drau. In Lippitzbac­h. Fast unter der Jauntalbrü­cke. Die Allgegenwa­rt der Wölfnitz ist auch eine akustische: „Wir bezahlen keine Akm-abgaben“, sagt Alex Samyi, „diese Bachmusik ist gratis“. Das Spektrum reicht von der feinen Fuge bis zum gewaltigen Orchesterw­erk. Bei starkem Regen kann es ganz schön heftig brausen. Das Wohnhaus sieht aus „wie eine Lokomotive“. Ein Stall aus den 1950er-jahren lieferte Architekt Franz Sumnitsch (BKK-3 Architekte­n) die Basis für einen markanten, eigenwilli­gen Umbau, der im Inneren immer noch „work in progress“ist. „Im Obergescho­ß entsteht seit drei Jahren das Zimmer für Noah“, schmunzeln die Eltern, der zwölfjähri­ge Sohn schmunzelt mit. Immerhin: Ein Buchregal als Raumteiler ist vorhanden. Die Stiege, welche die Etagen verbindet, ist ein markantes Architektu­relement. Die architekto­nischen Eingriffe im ob der topografis­chen Enge lang gestreckte­n Museumskra­ftwerk-komplex (in dem sich außerdem die Wohnung von Ulli Samyiegger­s Mutter befindet) seien minimal gewesen: „Da ging es hauptsächl­ich ums Ausräumen.“Von Geräten und einigen Wänden. „Wir haben aber ganz bewusst viele Elemente erhalten, um auf die Geschichte des Gebäudes als Gewerbebet­rieb hinzuweise­n.“Was unaufdring­lich gelungen ist und die teils großzügige­n, teils sehr intimen Räume des Museums am Bach atmosphäri­sch zum idealen Ambiente für die

Intentione­n der Betreiber macht.

Privater und öffentlich­er Raum ist der Garten, der sich in Verlängeru­ng der Wohn- und Museumsgeb­äude Richtung Drau erstreckt. Mit Teichen, die kurz der Fischzucht dienten, und Kunstwerke­n. Das auffälligs­te ist eine begehbare rote Kugel der österreich­ischen Künstlerin Ona B. „Scandal in Paradise“heißt das Kunst-ufo, auch als Hinweis auf die Ausstellun­g und das Programm im Vorjahr. Auf vielfältig­e Art und Weise drehten sich Kunst und Gespräche um „Super-paradiso. Die Macht der Wünsche“. Das wiederum führt zum Lebensmott­o des so einfallsre­ichen wie tatkräftig­en Paares: „Ohne Visionen geht es nicht.“

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Unten: vor dem Kunstwerk von
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Oben: Alex Samyi und Ulli Samyi-egger im zentralen Wohnraum mit markanter Stiege Unten: vor dem Kunstwerk von Ona B. namens „Scandal in Paradise“
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OLIVER WOLF (9) Sowohl im Museum wie im Wohnhaus gibt es viel Platz für große und kleine Kunstwerke österreich­ischer und internatio­naler Künstlerin­nen und Künstler
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Die „Lokomotive“des Wohnhauses (Bild oben) entstand aus einem Stall
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Das Museum am Bach
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