Der Chefjurist der Republik
Albert Posch leitet den Verfassungsdienst der Republik. Der Hartberger hat eine steile Karriere hingelegt.
Turbulenter hätte der Start nicht ausfallen können. Am 1. Mai übernahm Albert Posch die Leitung des Verfassungsdienstes im Kanzleramt. Zwei Wochen zuvor hatte der ehemalige Pilz-abgeordnete und Rechtsanwalt Alfred Noll in der ZIB 2 darauf verwiesen, dass die Ausgehbeschränkungen, das Herzstück der Coronapolitik, gesetzeswidrig sind. Bald darauf hob der Verfassungsgerichtshof (VFGH) die vom Gesundheitsminister erlassene Verordnung auf.
Der 42-jährige Hartberger will sich zu dem juristischen Pallawatsch nicht äußern. Im Unterschied zu anderen Spitzenbeamten der Republik sucht Posch nicht das gleißende Licht der Öffentlichkeit. „Meine Aufgabe ist es, rechtliche Möglichkeiten auszuloten, aber auch rechtliche Grenzen klar aufzuzeigen.“Wenn er es tut – und das ist nicht selten der Fall – tut er es, wie es einem Staatsdiener gebührt, intern. Und durchaus nachdrücklich: „Uns wird teils vorgeworfen, dass wir Beistriche korrigieren, aber ein Beistrich kann den Sinn einer gesetzlichen Regelung grundlegend ändern.“. n Regierungskreisen ist zu erfahren, dass der im Kanzleramt angesiedelte Verfassungsdienst schon früh auf die juristischen Unzulänglichkeiten hingewiesen hat. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat eingeräumt, dass der Schnitzer im eigenen Haus passiert ist – formell ist der Verfassungsdienst für die Ausformulierung von Verfassungsbestimmungen verantwortlich. Gesetze und Verordnungen liegen in der Kompetenz der Minister.
IDass Posch und sein Team nun auf Bitten des Gesundheitsministers in die Ausarbeitung eines neues Covid-gesetzes eingebunden sind, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Posch hat in Graz Jus studiert und bei Christoph Grabenwarter, dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, promoviert. 2005 begann der humorvolle Vollblutjurist, den wenig aus der Ruhe zu bringen scheint, beim Verfassungsdienst und vertrat die Republik bei Verfahren vor dem EU-GE
richtshof. 2008 ging er für ein Jahr an die Columbia-universität nach New York. Dort lernte er seine Frau kennen, das Paar hat eine dreijährige Tochter. 2013 holte ihn Vizekanzler Michael Spindelegger als verfassungsrechtlichen Berater ins Kabinett, Reinhold Mitterlehner übernahm ihn. Gernot Blümel holte Posch als Kabinettschef ins Team, Interims-kanzlerin Brigitte Bierlein machte ihn zum Chef des Rechtsdienstes, seit 1. Mai leitet er den Verfassungsdienst.