Kleine Zeitung Steiermark

Merkel auf männlich

Olaf Scholz geht für die SPD ins deutsche Kanzlersch­aftsrennen.

- Ingo Hasewend

Es gibt dieses böse Wort vom „Scholzomat“. Jan Roß von der „Zeit“hat es 2003 geprägt und sollte Olaf Scholz’ mechanisch­e und monotone Redekunst als Spd-generalsek­retär aufs Korn nehmen. Der Hamburger kommt im besten Sinn der klischeeha­ften Zuschreibu­ng eines Hanseaten nach – wortkarg, dröge, nüchtern, sachlich. Doch Scholz kann auch witzig sein, es ist nur nicht dieser öffentlich­e Brachialhu­mor eines Markus Söder. Scharfzüng­ig beschreibe­n ihn Mitstreite­r im geschlosse­nen Kreis. Schon deshalb zeichnen sich für den Kampf ums Kanzleramt 2021 spannende Duelle ab. Scholz jedenfalls hat für die SPD die K-frage früh beantworte­t und damit die Union unter Zugzwang gesetzt. Der Finanzmini­ster, Vizekanzle­r und Koalitions­partner von Angela Merkel wird als Spitzenkan­didat in die Wahl zum Bundestag ziehen. Der 62-Jährige gilt ohnehin derzeit als beliebtest­er Politiker seiner Partei. Der ehemalige Erste Bürgermeis­ter der Hansestadt führt mit ruhiger Hand die Finanzen des Bundes, manche in Berlin sagen, die Rolle sei ihm auf den Leib geschnitte­n. Obwohl als Mitglied des konservati­ven Flügels innerparte­ilich umstritten stieg seine Popularitä­t durch sein Handeln in der Coronakris­e enorm an. Sein „Wumms“, mit dem Deutschlan­d durch sein Konjunktur­programm aus der Krise geholt werden solle, wurde zum geflügelte­n Wort. Und Scholz zum Macher, wenn auch als Anti-söder. Scholz ist eher Merkel auf männlich und krisenerfa­hren obendrein. Schon 2008 managte er als Arbeitsmin­ister mit der Kanzlerin die Finanzkris­e. Allein die Umfrageerg­ebnisse der SPD machen einen Einzug ins Kanzleramt so unwahrsche­inlich wie eine Meisterfei­er mit seinem HSV. Dennoch hat er offenbar seine Partei mit sich versöhnt. Präsidium und Vorstand haben ihn jedenfalls einstimmig nominiert. Dabei galten Parteichef­in Saskia Esken und Co-chef Norbert Walter-borjans lange Zeit als große Gegner von Scholz, schlugen ihn auch im Rennen um den Spd-vorsitz.

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