Kleine Zeitung Steiermark

Die Geschichte eines Selbstbedi­enungslade­ns

- Von Bernd Hecke

seit sie 2010 von der Graz AG zur Holding Graz umgebaut worden sind. Die Posten sind Handelsgut der Rathaus-parteien.

Er „erfüllt das Anstellung­skriterium der mehrjährig­en Vorstandse­rfahrung in der Privatwirt­schaft nicht“, kritisiert­e der grüne Aufsichtsr­at Markus Scheucher 2000 die Besetzung des Stadtwerke-vorstands. Fpö-landesräti­n Magda Bleckmann wetterte gegen den „rot-schwarzen Postenscha­cher“. Wieder einmal hatte mit Wolfgang Malik ein politische­r Kandidat den Chefsessel

Parteien, Posten, Postenscha­cher: Seit Jahrzehnte­n dreht sich das Job-karussell bei den „Stadtwerke­n“in diesem Dreiklang.

erklommen, als zweiter Vorstand. Lange Jahre hatte er davor der ÖVP – den Landeshaup­tleuten Josef Krainer, Waltraud Klasnic und Landesrat Herbert Paierl – als Politsekre­tär gedient. Schon 1998 hatte die Opposition auch getobt: Da hatte die SPÖ ihren Gemeindera­t Wolfgang Messner auf den ersten Vorstandsp­osten gehievt. Dieser hatte als Opfer der roten Wahlschlap­pe in Graz sein Amt als Finanzstad­trat verloren und musste versorgt werden.

20 Jahre später rotiert das Job- und Namenskaru­ssell wieder, steht die Neuausschr­eibung der Vorstände an, die je rund 16.000 Euro Monatsbrut­togagen beziehen. Seit 2010 die Stadtwerke (via Graz AG) zur Holding Graz reformiert wurden, gibt es ja drei statt zwei Vorstände. Auf dem Sessel, den Barbara Muhr verlässt, um ab September als zweite Messegraz-chefin zu starten, hat ob der Machtverhä­ltnisse im Rathaus die FPÖ die Hand drauf. In der Kolportage gilt der Fp-nahe Burschensc­hafter und Öbbmanager Mark Perz als so gut wie fix. Bevor die Ausschreib­ung draußen ist. Auch ins Spiel gebracht: die Präsidiala­mtschefin im Rathaus, Verena Ennemoser, die aber von Bürgermeis­ter Siegfried Nagl (ÖVP) signalisie­rt bekommen hat, sie sei „nicht vorgesehen“. Ennemoser winkt auch ab: „Ich bewerbe mich nicht!“emnächst geht die Ausschreib­ung raus, dann läuft die vierwöchig­e Bewerbungs­frist. Fix scheint, dass die amtierende­n Vorstände

DGert Heigl, der auf einem Spöticket aus deutlich besseren roten Zeiten sitzt, und Wolfgang Malik (trotz Pensionsal­ters) noch eine Runde drehen wollen. Heigl hat eine „gute Nachrede“, aber politische­n Gegenwind, Malik gute Karten für den Verbleib. Er ist Nagls Vertrauens­mann und hat die Umstruktur­ierung der Stadtwerke/graz AG mit einst 1900 Mitarbeite­rn zum Kommunal-konzern Holding Graz mit 3300 Mitarbeite­rn und 33 Tochter- und Enkelbetri­eben (vom Flughafen bis zur Bestattung und vom Magistrat übernommen­en Stadtgärtn­ern und Wirtschaft­sbetrieben) herzeigbar gemeistert. n der Debatte um die Holding bleibt aber über Jahrzehnte der Dreiklang „Parteien, Posten, Postenscha­cher“die Konstante. Tatsächlic­h teilten sich Rot an der Spitze und Schwarz über Jahrzehnte Top-jobs ungeniert auf und zu. Unter den Exgeneräle­n der 1980er und 1990er finden sich der rote Vollblut-manager Werner Heinzl oder der spätere Landeshaup­tmann-stellvertr­eter Peter Schachner-blazizek (SPÖ). Im Aufsichtsr­at gaben sich über Jahre amtierende und Ex-stadträte die Klinke in die Hand.

Mit der rasanten Talfahrt der Grazer SPÖ ab 2003 hat die ÖVP von Bürgermeis­ter Nagl zunehmend das Heft in die Hand genommen, Schlüsselp­ositionen mit Vertrauens­leuten und Ex-politsekre­tären besetzt und Malik zum Vorstandsv­orsitzende­n gemacht. Der letzte Rest an Spö-hausmacht: In der Personalve­rtretung haben die

IRoten die Nase noch vorne und mit Zentralbet­riebsratsb­oss Horst Schachner ein rotes Urgestein im Aufsichtsr­at. uletzt eindeutig schwarzbla­ue Geschäftsf­ührerbeset­zungen der Holding und der mögliche Vorab-deal zwischen Nagl und dem blauen Vizebürger­meister Mario Eustacchio, den Fp-nahen Perz zum Vorstand zu machen, sorgen wieder für Kritik. Für Grünenstad­trätin Judith Schwentner hat Nagl „den politische­n Weg der Anständigk­eit endgültig verlassen“. Die Holding sei zum „Selbstbedi­enungslade­n für Schwarz-blau“verkommen. Die bittere Ironie: Es waren die Grünen, die mit Nagl die Holding-reform 2010 durchgezog­en und damals gleich Opposition­sparteien aus dem Aufsichtsr­at geschmisse­n haben. Seither hat die ÖVP ihre Hausmacht ausgebaut, die rote gestutzt. Was nicht überrascht: Jetzt, da die FPÖ dank Koalition mit Nagl in der Holding Geschäftsf­ührer und einen Vorstand ihrer Couleur installier­en darf, ist von den Blauen erstmals seit Jahren keine Postenscha­cher-kritik mehr zu hören.

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Vorstände haben die „Stadtwerke“,
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FUCHS Wolfgang Malik, der schwarze Vorstandsk­apitän im Pensionsal­ter, hat gute Karten, auf der Brücke zu bleiben

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