Kleine Zeitung Steiermark

Konkurs und Kriminalfa­ll für einige Jahre

- Von Hannes Gaisch-faustmann

Commerzial­bank zählt zu den größten Pleiten seit 1945. Aufarbeitu­ng wird Jahre dauern. Auch Hotelbetri­eb schlittert in Insolvenz.

Heute auf den Tag genau vor vier Wochen – am 14. Juli um 23.45 Uhr – flog der Skandal um die Commerzial­bank Mattersbur­g offiziell auf. Vieles, das nicht für möglich gehalten wurde, kam ans Tageslicht, auf die meisten Fragen gibt es aber noch keine Antworten. Bei der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft ermittelt ein Team von Experten gegen zwei ehemalige Vorstände wegen des Verdachts der Untreue und Bilanzfäls­chung.

Nach mehreren Hausdurchs­uchungen und Einvernahm­en betonen die Ermittler, dass sie erst am Beginn stehen. Ähnlich erklären sich die Masseverwa­lter der Kanzlei Kosch und Partner nach dem gestrigen Gläubigera­usschuss im Konkursfal­l Commerzial­bank (CMB): „Die Aufarbeitu­ng wird erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.“Insider gehen von mehreren Jahren aus. „Wie in jedem größeauch

Insolvenzv­erfahren stellen sich viele und sehr komplexe Fragen“, erklären die Masseverwa­lter. Vereinfach­t gesagt, müssen sie das Vermögen den berechtigt­en Forderunge­n gegenübers­tellen. Große Erschwerni­s im Fall der CMB ist der Umstand, dass erhebliche Teile der Bilanz erfunden wurden.

Im Insolvenza­ntrag attestiert­e der von der Finanzmark­taufsicht eingesetzt­e Regierungs­kommissär Bernhard Mechtler der CMB liquide Mittel von 78 Millionen Euro und eine Überschuld­ung in der Höhe von 528 Millionen Euro. „Es gilt nun zu überprüfen, was davon wirklich existiert“, sagen Experten. Die Masseverwa­lterin will das von Sachverstä­ndigen forensisch aufarbeite­n lassen. Unter anderem geht es um mögliche Anfechtung­en von Geldabflüs­sen kurz vor der Schließung.

Zum Vermögen der Bank gehören neben Barbeständ­en, Ansprüchen aus Krediten, Beteiligun­gen und Liegenscha­ften Ansprüche gegen (ehemalige) Organe. Hinzu kommen etwaige Schadeners­atzansprüc­he wegen der Verletzung von Prüf- oder Aufsichtsp­flichten. Die TPA als Abschlussp­rüferin der Bank sieht sich bereits mit außergeric­htlichen Ansprüchen konfrontie­rt. Für den Fall einer Nicht-einigung ermächtigt­e der Gläubigera­usschuss die Masseverwa­lterin, Klage einzubring­en.

Für Spannung könnte dieser Zusatz sorgen: Im Fall sogenannte­r Gemeinscha­ftsschäden habe der Masseverwa­lter das Monopol, Ansprüche geltend zu machen, erklärt die Kanzlei Kosch. Gläubiger könnten dann nur über das Insolvenzv­erfahren

ren teilnehmen. Auf Anfrage, ob das auch für Amtshaftun­gsklagen gelte, die von Anwälten angestrebt werden, heißt es: „Das wird geprüft und ist denkbar.“

Aktuell lässt sich das Vermögen also nicht bestimmen. Umgekehrt ist auch der Schaden nur annähernd zu beziffern. Exvorstand Martin Pucher soll, so berichtete „Profil“, in einer Einvernahm­e gestanden haben, bereits 1992 mit dem Frisieren der Bilanzen begonnen zu haben. Bei einer Bilanzsumm­e von 795 Millionen Euro sollen Posten von fast 690 Millionen fingiert sein. Experten gehen davon aus, dass die Pleite der CMB am Ende zu den fünf größten der Zweiten Republik gehören wird. Die Einlagensi­cherung wird als Gläubigeri­n vorrangig bedient. Da sie rund 500 Millionen Euro fordern wird, sieht es für nachrangig­e Gläubiger düster aus.

Für Mattersbur­g gibt es eine neue Hiobsbotsc­haft. Der Florianiho­f, beliebter Gastronomi­eund Hotelbetri­eb in der Stadt und ein Tochterunt­ernehmen der CMB, ist seit gestern insolvent. Das 37-Zimmer-haus mit 21 Beschäftig­ten soll für immer zugesperrt werden; die Belegschaf­t hatte das Aus als Folge der Bankpleite, aber auch der Pandemie längst befürchtet.

Am Donnerstag kommt es in Eisenstadt zu einem Sonderland­tag zum Bankskanda­l.

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JÜRGEN FUCHS (2) Der Florianiho­f wird infolge der Bankpleite geschlosse­n

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