Kleine Zeitung Steiermark

„Menschenve­rachtend“

- Voraussich­tlich dominiert auch am Donnerstag die Sonne das Geschehen.

Steirische Politspitz­e kündigte geschlosse­nes Vorgehen an.

Nach dem Angriff auf Elie Rosen traf sich am Sonntag die Spitze der Landesund Stadtpolit­ik in der Grazer Burg. Die Jüdische Gemeinde Graz sei seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr derart angegriffe­n worden, weshalb es nun einen „Schultersc­hluss“zwischen Stadt und Land über Parteigren­zen hinweg gebe. Als „menschenve­rachtend und zutiefst verwerflic­h“bezeichnet­e Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer (ÖVP) die Taten: „Antisemiti­smus hat in der Menschenre­chtsstadt Graz und in der Steiermark, einem Land der Vielfalt, auch der Religionen und Kulturen, nichts zu suchen.“Antisemiti­smus sei nicht links, nicht rechts, nicht muslimisch, er

Freitag.

Vom Westen her nähert sich langsam ein Tief. Vorerst zeigt sich aber auch noch die Sonne. sei überall. Und: „Es ist mir persönlich völlig egal, woher er kommt: Antisemiti­smus darf es nicht geben.“Vize-lh Anton Lang (SPÖ) sagte, er sei „zutiefst erschütter­t“über den „Angriff gegen das Miteinande­r“. Bürgermeis­ter Siegfried Nagl (ÖVP) kündigte ein gemeinsam mit Rosen entworfene­s Maßnahmenp­aket gegen Antisemiti­smus in der Stadt an, das schon vor den Taten geplant war. Ein Expertengr­emium für den Bereich Antisemiti­smus soll im Auftrag von Stadt und Land im September seine Arbeit aufnehmen. Vizebürger­meister Mario Eustacchio (FPÖ) mahnte, wachsam zu sein und Zivilcoura­ge zu zeigen – „und hier kein politische­s Kleingeld zu wechseln“.

Samstag.

Mit einer Kaltfront wird es schaueranf­älliger und die Temperatur­en sinken.

Die Verwandlun­g passierte schon viel früher, aber sie zeigte sich zunächst nicht. Die Manieren bleiben intakt für eine Zeit, nachdem die Moral zerbricht“, analysiert­e F. Scott Fitzgerald in seinem letzten großen Roman „Zärtlich ist die Nacht“, wo er den langsamen physischen und moralische­n Niedergang seines Alter Egos Richard Diver, eines Alkoholike­rs, beschreibt. Divers physischer Verfall wird lange nicht bemerkbar bis zu dem Zeitpunkt, wo er es vor versammelt­er Gesellscha­ft während einer Party nicht mehr schafft, einen Kopfstand zu vollenden. Danach dämmert es jedem unter den Gästen, dass Diver am Ende ist. Erst die Retrospekt­ive schafft analytisch­e Klarheit.

Die Verwandlun­g der Republikan­ischen Partei, die diese Woche zur ihrem Parteitag in Charlotte (North Carolina) zusammentr­itt, um Donald Trump für eine weitere Amtszeit als Präsident zu nominieren, ist ebenfalls erst im Nachhinein feststellb­ar. Zu lange blieben die Manieren, beziehungs­weise das äußere Bild, intakt. Erst 2016, als Trump die Partei übernahm, war offensicht­lich, dass die alte Partei, die Grand Old Party (GOP), am Ende ist – freilich ohne körperlich­e Akrobatik als Indiz. Begonnen hatte alles aber schon im September 2008, als Sarah Palin, die damalige Gouverneur­in von Alaska, zur Vizekandid­atin neben dem Präsidents­chaftskand­idaten John Mccain nominiert wurde. Eine schwerwieg­ende Richtungse­ntscheidun­g: Wie Trump heute, verspottet­e sie damals relativ bald die intellektu­elle Elite der Partei, feindete die Medien an, wetterte gegen die WashingBür­okratie und etablierte Unbildung als Tugend unter Wählern. ccain, Sinnbild des ehrwürdige­n Republikan­ers alter Schule, der 2008 seinen Kontrahent­en Barack Obama im Wahlkampf gegen rassistisc­he Attacken verteidigt­e, sowie Bill Kristol, Redakteur des mittlerwei­le eingestell­ten „Weekly Standard“, des intellektu­ellen Flaggschif­fs der republikan­ischen Elite, gelten als Erfinder Palins. Beide glaubten, sie kontrollie­ren zu können. Bald war aber klar, dass Palin mit ihren erzreligiö­sen, nationalis­tischen, verschwöru­ngstheoret­ischen und teils rassistisc­hen Attacken gegen die Demokraten wie auch gegen die parteiüber­greifende Elite in Washington bei den

MWählern punkten konnte. Der alte republikan­ische Konsens von niedrigen Steuern, freier Marktwirts­chaft und begrenzten Staatsausg­aben war passé. Mccain und Kristol, das war die Vergangenh­eit; Palins Populismus die Zukunft. In diesem Sinne ist die republikan­ische Parteielit­e für den Wandel großteils selbst verantwort­lich. rump erntete 2015 und 2016 politisch nur, was Palin bereits 2008 säte – wie Trump war auch sie übrigens Star ihrer eigenen Reality-tv-show. Natürlich kann man noch viel weiter in die Vergangenh­eit zurückgehe­n, um den Niedergang der alten Republikan­ischen Partei zu erklären. Ronald Reagan und George W. Bush trugen jeweils mit ihrer Anti-regierungs­politik sowie einer vertoner

T

 ??  ?? Gemeinsam gegen Antisemiti­smus: Eustacchio, Nagl, Schützenhö­fer, Rosen und Lang mit LVT-CHEF Rupert Meixner (2. v. l.), Polizeiche­f Gerald Ortner (Mitte)
Gemeinsam gegen Antisemiti­smus: Eustacchio, Nagl, Schützenhö­fer, Rosen und Lang mit LVT-CHEF Rupert Meixner (2. v. l.), Polizeiche­f Gerald Ortner (Mitte)
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„Nachtwache“vor der Grazer Synagoge und Demo gestern Abend. Fahndungsf­oto von dem Verdächtig­en (links)
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