Anatomie eines Versagens
Die Mega-staus an der Kärntner Grenze zeugen von mangelnder Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Bezirken. Als Bürger darf man erwarten, dass so etwas nicht passiert.
Es kann doch nicht sein, dass niemand Verantwortung trägt an dem Wahnsinn“, schreibt ein urlaubender Kollege angesichts des Megastaus, der Reisende an den Kärntner Außengrenzen am Wochenende bis zu zwölf Stunden Lebenszeit gekostet hat.
Nun, offenbar kann das in einem angeblich so hervorragend verwalteten Staat wie Österreich sehr wohl sein: Der Bezirkshauptmann – er wurde wegen Schlampereien bei der Bundespräsidentenwahl erstinstanzlich verurteilt – sagt, er habe die Einreiseverordnung nur penibelst vollzogen.
Der Landeshauptmann teilt seine Einschätzung, dass dem Wortlaut der Verordnung nach geboten gewesen sei, jeden Durchreisenden zu kontrollieren – und außerdem sei der Text so kurzfristig vorgelegt worden, dass für eingehenderes Studium zu wenig Zeit gewesen sei.
Der Gesundheitsminister wiederum kontert, schon Mitte vergangener Woche hätte er die Länder aufgeklärt, dass stichprobenartige Kontrollen ausreichen würden – auch das Land Kärnten sei dabei gewesen, habe mitdiskutiert.
Versuchen wir, ein wenig Klarheit zu schaffen: Ja, der Wortlaut der Einreiseverordnung zur Kontrolle an den Grenzen ist eine „Kann“-bestimmung. Es hätte nicht jedes Auto kontrolliert werden müssen (andere Bezirksbehörden haben das von Anfang an so gehandhabt).
Aber ja: Auch Kärnten hat recht mit seiner Kritik, dass der neue Wortlaut – samt der Pflicht, neue Formulare mitzuführen – erst am Freitagabend kundgemacht worden ist. Und das betrifft ja nicht nur die Landesverwaltung: Jeder Reiserückkehrer, der ab Samstag, 0 Uhr, ohne ein solches Formular angetroffen worden wäre, hätte sich mit bis zu 1450 Euro strafbar gemacht.
Für einen normalen Bürger, der nicht jede Minute das Rechtsinformationssystem des Bundes aktualisiert, ist das kein akzeptabler Standard. Und auch
Landes- und Bezirksbehörden brauchen einen Vorlauf, um sich auf neue Regeln einstellen zu können und Ressourcen zur Kontrolle einzuteilen. ie letzte Frage, wer in welcher Behörde wann über die neue Regelung vorinformiert war, ist für Außenstehende nicht zu beantworten, hier steht Wort gegen Wort. Es ist aber letzten Endes auch egal, ob die Aktion jetzt weniger Ruhmesblatt für den Minister oder doch für das Land Kärnten war – als Bürger darf man erwarten, ja: fordern, dass solche Missverständnisse nicht vorkommen.
Man kann allen Beteiligten glauben, dass sie das Ergebnis, den Mega-stau, nicht wollten. Trotzdem ist er passiert. Anschober, die Länder und die Bezirke sollten das zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, wie solche Fehler in Zukunft ausgeschlossen werden können – wenn es vielleicht um Leben und Tod geht, nicht mehr „nur“um viel zu viel Zeit auf der Autobahn.
Frühere Verordnungen, bessere Abstimmung und schnellere Dienstwege wären ein guter Anfang.
D