„Sie saß neun Monate zu Unrecht in Haft“
Vermeintliche Birkfelder Brandstifterin wurde freigesprochen: Anwalt der Frau
strebt jetzt Haftentschädigung an.
Neun Monate saß eine 41Jährige als vermeintliche Brandstifterin in Graz in U-haft, jetzt wurde sie beim Prozess vom Vorwurf der mehrfachen Brandstiftung freigesprochen (wir berichteten). Wie geht es aber nun für die Frau weiter? Welche Chancen auf Wiedergutmachung des erlittenen Schadens hat sie?
Zunächst ein kurzer Rückblick: Die vierfache Mutter war angeklagt, in den vier Wochen nach Weihnachten 2018 in Birkfeld in ihrem Haus sowie bei Nachbarn Feuer gelegt zu haben. Die Beschuldigte bestritt die Vorwürfe stets. Die Staatsanwaltschaft hatte als Motiv ein „Bündel an negativen Eheerlebnissen“
gesehen, doch an den Verhandlungstagen ließ sich der Verdacht nicht erhärten. Letzten Endes fehlte der definitive Beweis, um die Frau wegen Brandstiftung zu verurteilen. Drei Monate bedingt bekam sie an einer Nebenfront – wegen Bestimmung zum Amtsmissbrauch.
Alexander Scala, Anwalt der 41-Jährigen, skizziert nun das weitere Vorgehen. Zunächst müsse man abwarten, bis der Ausgang des Verfahrens rechtskräftig sei. „Meines Erachtens ist meine Mandantin aber neun Monate lang zu Unrecht in Uhaft gesessen. Der alleinige Haftgrund war ja die angebliche Brandstiftung – und genau in diesem Punkt wurde sie freigesprochen“, erläutert der Grazer.
In solchen Fällen wird das strafrechtliche Entschädigungsgesetz schlagend: Für „erlittenes Ungemach und Freiheitsentzug“stehen einem bei ungerechtfertigter Haft 20 bis 50 Euro pro Tag Haft zu. Die Ansprüche richten sich dabei gegenüber dem Bund.
Zusätzlich können, so der Anwalt, noch weitere Ansprüche geltend gemacht werden, etwa der Verdienstentgang. Ein Aspekt kommt bei der 41-Jährigen noch hinzu: Die drei Monate bedingte Haft, die ausgesprochen wurden, werden bei einer möglichen Haftentschädigung
abgezogen. Unterm Strich würden der Frau also nicht die kompletten neun abgesessenen Monate, sondern nur sechs Monate ihrer Haft „angerechnet“.
Verfahrens traten ja immer mehr Zweifel an der Schuld der Frau hervor. Erst im
Hauptverfahren (als der dringende Tatverdacht nicht mehr gegeben war) wurde die gebürtige Wienerin schließlich enthaftet. An den Ermittlern selbst ließen die Verteidiger im Schlussplädoyer kein gutes Haar: „Das war ein schleißig geführtes Ermittlungsverfahren, ein Wahnsinn, es war völlig einseitig. Es gibt nämlich keinen einzigen Beweis.“
Richter Helmut Wlasak, Vorsitzender des Schöffensenats, begründete den Freispruch folgendermaßen: „Die Indizienkette bringt kein echtes Motiv, das hängt alles in der Luft, die Suppe ist zu dünn.“Und Richtung Ermittler meinte er: „Die Optik der Ermittlungen vonseiten der Polizei war nicht optimal.“