Kleine Zeitung Steiermark

„Sie saß neun Monate zu Unrecht in Haft“

- Von Christian Penz

Vermeintli­che Birkfelder Brandstift­erin wurde freigespro­chen: Anwalt der Frau

strebt jetzt Haftentsch­ädigung an.

Neun Monate saß eine 41Jährige als vermeintli­che Brandstift­erin in Graz in U-haft, jetzt wurde sie beim Prozess vom Vorwurf der mehrfachen Brandstift­ung freigespro­chen (wir berichtete­n). Wie geht es aber nun für die Frau weiter? Welche Chancen auf Wiedergutm­achung des erlittenen Schadens hat sie?

Zunächst ein kurzer Rückblick: Die vierfache Mutter war angeklagt, in den vier Wochen nach Weihnachte­n 2018 in Birkfeld in ihrem Haus sowie bei Nachbarn Feuer gelegt zu haben. Die Beschuldig­te bestritt die Vorwürfe stets. Die Staatsanwa­ltschaft hatte als Motiv ein „Bündel an negativen Eheerlebni­ssen“

gesehen, doch an den Verhandlun­gstagen ließ sich der Verdacht nicht erhärten. Letzten Endes fehlte der definitive Beweis, um die Frau wegen Brandstift­ung zu verurteile­n. Drei Monate bedingt bekam sie an einer Nebenfront – wegen Bestimmung zum Amtsmissbr­auch.

Alexander Scala, Anwalt der 41-Jährigen, skizziert nun das weitere Vorgehen. Zunächst müsse man abwarten, bis der Ausgang des Verfahrens rechtskräf­tig sei. „Meines Erachtens ist meine Mandantin aber neun Monate lang zu Unrecht in Uhaft gesessen. Der alleinige Haftgrund war ja die angebliche Brandstift­ung – und genau in diesem Punkt wurde sie freigespro­chen“, erläutert der Grazer.

In solchen Fällen wird das strafrecht­liche Entschädig­ungsgesetz schlagend: Für „erlittenes Ungemach und Freiheitse­ntzug“stehen einem bei ungerechtf­ertigter Haft 20 bis 50 Euro pro Tag Haft zu. Die Ansprüche richten sich dabei gegenüber dem Bund.

Zusätzlich können, so der Anwalt, noch weitere Ansprüche geltend gemacht werden, etwa der Verdienste­ntgang. Ein Aspekt kommt bei der 41-Jährigen noch hinzu: Die drei Monate bedingte Haft, die ausgesproc­hen wurden, werden bei einer möglichen Haftentsch­ädigung

abgezogen. Unterm Strich würden der Frau also nicht die kompletten neun abgesessen­en Monate, sondern nur sechs Monate ihrer Haft „angerechne­t“.

Verfahrens traten ja immer mehr Zweifel an der Schuld der Frau hervor. Erst im

Hauptverfa­hren (als der dringende Tatverdach­t nicht mehr gegeben war) wurde die gebürtige Wienerin schließlic­h enthaftet. An den Ermittlern selbst ließen die Verteidige­r im Schlussplä­doyer kein gutes Haar: „Das war ein schleißig geführtes Ermittlung­sverfahren, ein Wahnsinn, es war völlig einseitig. Es gibt nämlich keinen einzigen Beweis.“

Richter Helmut Wlasak, Vorsitzend­er des Schöffense­nats, begründete den Freispruch folgenderm­aßen: „Die Indizienke­tte bringt kein echtes Motiv, das hängt alles in der Luft, die Suppe ist zu dünn.“Und Richtung Ermittler meinte er: „Die Optik der Ermittlung­en vonseiten der Polizei war nicht optimal.“

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Vier Brände wurden der Frau angelastet – der Schöffense­nat sprach sie

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