Zum Autor
geb. 1944 in Damaskus, ist emeritierter Professor für internationale Beziehungen an der Universität Göttingen und Experte für die arabische Welt und den politischen Islam. Autor zahlreicher Bücher, zuletzt „Islamische Zuwanderung und ihre Folgen“.
Nach zehn Jahren endet Ihre Präsidentschaft des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, des wichtigsten Beratungsorgans der Bundesregierung in diesen bedeutenden Feldern. Worauf sind Sie im Rückblick stolz, was ärgert Sie?
HANNES ANDROSCH: Wir haben umfassende und fundierte Empfehlungen gegeben. Positiv dabei ist, dass diese Empfehlungen von der Regierung voll angenommen wurden. Der unbefriedigende Teil ist, dass es nur Ankündigungen geblieben sind, die nicht umgesetzt wurden.
Sie kritisieren, dass das an sich moderne Forschungsfinanzierungsgesetz auf halbem Wege stecken geblieben ist. Ist das den ständigen Regierungswechseln geschuldet?
Nein, an Regierungswechseln liegt es nicht, das ist immer das Finanzministerium. Es hat die Weisheit verlernt, dass man, wenn man eine Kuh melken will, sie nicht schlagen und hungern lassen, sondern streicheln und füttern soll. Das Gesetz wurde zwar beschlossen, aber ohne Finanzierung. Man soll sich dann nicht wundern, wenn die Innovationsdynamik in Österreich, statt zu den Innovationsleadern aufzuschließen, im Mittelfeld stecken geblieben, ja Österreich steht im Mittelfeld. Aber es herrscht allgemein eine Neo-biedermeier-stimmung, die von Bewahrern getragen wird. Wir haben keine Konzeption für die Zukunft.
Die Schweiz, Deutschland, Niederlande, Singapur, Schweden, Kanada. Leider muss man es für Österreich so zusammenfassen: Wir wissen eigentlich genau das – was wir dann nicht tun.
Mangelt es an Verständnis bei den Entscheidungsträgern?
Das hat weder den Faymann noch den Spindelegger interessiert, der Kern war nur so kurz da, den Kurz interessiert es überhaupt nicht. Er glaubt, dass er sich in Europa als Spaltpilz profiliert. Beim Eu-budget haben sie bei Forschung, Gesundheit und Umweltschutz gekürzt, und das wird uns schaden. Man handelt gemäß Nestroy: „Was hat denn die Zukunft für mich getan? Nichts! Genau das tu ich für sie.“
Dort, wo man für österreichische Verhältnisse genug Geld hingegeben hat, wie etwa beim Austrian Institute of Technology (AIT; Androsch ist dort Präsident, Anm.) und beim Institute of Science and Technology (IST), dort geht etwas weiter. Yes, we can, but yes, we don’t do it. Das ist das Dilemma. „Auf halben Wegen, zu halben Taten mit halben Mitteln zögerlich zu schreiten“, sagte Franz Grillparzer. Aber von halb ist nicht einmal die Rede. Das wäre schon ein Erfolg. Dass wir in Österreich eine besondere Wissenschaftsaffinität haben, kann ich nicht erkennen.
Wie kann man es in Zukunft besser machen? Sie haben 2019 etwa einen Zukunftsfonds von 30 Milliarden Euro gefordert.
Das eine ist, dass man sofort handelt. Laut Regierung sei das Konjunkturprogramm ein Megawumms, aber im Vergleich zu den Milliarden in Deutschland war das ein Megaplumps. Das andere ist das längerfristig Ausgerichtete, der Fonds zum Beispiel. Der Zukunftsfonds würde drei Milliarden pro Jahr auf zehn Jahre bedeuten, das können wir uns sicher leisten.
Wie bewerten Sie den Umgang der Regierung mit der Coronapandemie?
Zuerst hat man unverantwort