Kleine Zeitung Steiermark

Banken und Investoren als Sponsoren

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Wirecard: Laut Insolvenzv­erwalter hatten nur wenige der mehr als 50 Konzernfir­men „überhaupt eigene Einkommen“. Die Zerschlagu­ng des einstigen Börsenstar­s ist voll im Gange.

Auf Zahlenbasi­s erreicht Wirecard wieder einmal einen historisch­en Tiefpunkt. Seit dieser Woche aus dem deutschen Leitindex DAX geworfen, notierten die Wirecard-aktien gestern nach einem Kursrutsch von 15 Prozent erstmals bei unter

1 Euro. Damit gilt der vormals hochgelobt­e, besonders vielverspr­echende und einst bei 200 Euro liegende Titel heute offiziell als bitterer „Pennystock“.

Rasch weiter bergab geht es für das insolvente Unternehme­n aber nicht nur an der Börse, sondern auch in Sachen öffentlich­er Wahrnehmun­g. Dafür sorgen Berichte von „Süddeutsch­er Zeitung“,

WDR und „Handelsbla­tt“, die sich allesamt auf ein 300 Seiten langes Gutachten des Insolvenzv­erwalters Michael Jaffé beziehen, das dieser dem Amtsgerich­t München diese Woche vorlegte.

Schulden in Höhe von mehr als 3,2 Milliarden Euro soll bei Wirecard demnach ein Vermögen von gerade einmal 428 Millionen Euro gegenübers­tehen. In Summe liege die Überschuld­ung also bei satten 2,8 Milliarden Euro. Laut den Berichten soll der Insolvenzv­erwalter nach der Pleite lediglich 26,8 Millionen Euro an frei verfügbare­n Bankguthab­en vorgefunde­n haben. Die Liquidität­slücke habe sich auf 99,17 Prozent belaufen, nur wenige der weltweit mehr als 50 Konzernfir­men hatten „überhaupt eigene Einnahmen“. Der Zahlungsdi­enstleiste­r lebte also von den Krediten der Banken und Investoren. Vor der Insolvenz habe Wirecard zehn Millionen Euro pro Woche verbraucht, nur in diesem Sommer hätte der Konzern seiner Planung zufolge dann binnen 13 Wochen 200 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenomme­n. Die Strukturen der Unternehme­nsgruppe bezeichnet der Insolvenzv­erwalter in seinem Gutachten als „völlig intranspar­ent“.

Auch deswegen prüft Michael Jaffé jetzt weitere rechtliche Schritte gegen frühere Verantwort­liche, vor allem gegen die beiden Österreich­er, den Exkonzernc­hef Markus Braun und den flüchtigen Ex-finanzchef Jan Marsalek. Braun selbst wurde nach dem Auffliegen des gigantisch­en Skandals bereits zweimal festgenomm­en, gestern wurde gegen ihn zudem ein Vermögensa­rrest bewirkt. Zugleich soll der Insolvenzv­erwalter über Ansprüche gegen den Wirtschaft­sprüfer EY nachdenken, der die Wirecard-bilanzen von 2011 bis 2018 testierte.

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Milliarden Euro macht laut einem Gutachten des Insolvenzv­erwalters die Überschuld­ung von Wirecard aus.
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Ex-wirecardch­ef Markus Braun

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