Kleine Zeitung Steiermark

Die Politik vor sich hertreiben

- Medienbera­ter Peter Plaikner

Hierzuland­e wird der öffentlich­rechtliche Rundfunk schon auffällig, wenn er Kanzler Kurz bei seiner Rede zur Nation pur und ohne Flaggenspa­lier zeigt. Dass der ORF die Politik vor sich hertreibe, lässt sich noch weniger in der Weiterentw­icklung des Unternehme­ns behaupten. Zur Dachgleich­enfeier auf dem Küniglberg wurde seine Wandlung „vom Public Services Broadcaste­r zur Public-service-plattform“betont. Doch der Ausbau zur integriert­en Zentrale auch für Ö 1, Ö 3 und multimedia­len Newsroom beantworte­t keine Frage nach der inhaltlich­en Zukunft des Hauses. Sein Chef Alexander Wrabetz denkt wohl eher an die eigene Zukunft. Die Regierung plant noch heuer die Vorlage eines neuen Orf-gesetzes. Nach bisheriger Lage wird der nächste Generaldir­ektor im August gewählt, die Funktionsp­eriode von Wrabetz dauert bis Ende 2021.

Angesichts dieser Hängeparti­e wirkt der Reformstau programmie­rt. Dass sich aus einer solchen Situation mehr machen ließe, zeigen eidgenössi­sche Kollegen des ORF. „SRG treibt Politik vor sich her“, urteilt die „Neue Zürcher Zeitung“(NZZ) über Reformplän­e des dortigen Medienöffi­s. Denn das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) verschiebt seine Prioritäte­n zu Online. „Damit gerät es in Konflikt mit der heutigen Konzession. Schuld daran ist ein mutloser Bundesrat, der sich vor klaren Regeln für den abgabenfin­anzierten Rundfunk scheut“, analysiert die NZZ.

Tatsachen schaffen: Unter dieser heimlichen Devise lässt Srf-direktorin Nathalie Wappler das tägliche „sportaktue­ll“nach der Pandemie-pause nicht wieder auf den Tv-bildschirm zurück und schafft das wöchentlic­he Wirtschaft­smagazin ab. Im Radio gibt es bald weniger Jazz, Klassik, Literatur und Religion, doch auf sozialen Netzwerken eigene Musikkanäl­e, Serien und Comedy für jüngeres Publikum. Die Begleitmus­ik zur digitalen Neuorienti­erung liefert ein Sparprogra­mm von 90 Millionen Euro, das bis 2022 zur Streichung von 200 Stellen führt. uch Wrabetz plant 2021 noch 75 Millionen Euro Einsparung­en samt Wegfall von 120 Arbeitsplä­tzen. Ansonsten hofft er auf ein Gesetz, in dem alles beim Alten bleibt (inklusive parteipoli­tisch besetzten Stiftungsr­ats), das aber als „großen Digitalisi­erungsschr­itt“den Orf-player erlaubt. Dahinter verbirgt sich eine Weiterentw­icklung von ORF.AT mit mehr Video- und Audio-inhalten. Der erste Schritt in diese Richtung ist die soeben verkündete Bestellung eines zweiten Chefredakt­eurs. Verlässlic­h wie ein Schweizer Präzisions­uhrwerk protestier­t die Redaktions­vertretung bereits dagegen. Doch die Uhren im ORF ticken langsamer als in der SRG.

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