War Jesus ein Gesinnungsethiker?
Um zu wissen, was man mit den Migranten in Moria, die sich jetzt in einem Zeltlager in der Nähe aufhalten, tun solle, müsse man einfach fragen: „was würde Jesus an meiner Stelle tun?“, sagte der Bischof von Feldkirch, Benno Elbs.
So zu fragen und dabei Jesus für seine eigenen Vorlieben oder einem persönlich besonders wichtig erscheinende Ziele in Anspruch zu nehmen, ist eine verbreitete Denkweise. Jesus war dann der erste Globalisierungsgegner, er wäre heute natürlich gegen den „menschenverachtenden neoliberalen Kapitalismus“, anstatt gegen die Pharisäer würde er gegen die sogenannten Klimaleugner zu Felde ziehen.
Ein Theologe ist zur tiefen Erkenntnis gekommen, dass Jesus heute ein Smartphone besitzen und Selfies verschicken würde.
Aber zurück von diesen Torheiten zur Frage des Bischofs: Hätte Jesus auch Kinder aus Moria nach Österreich geholt? Elbs insinuiert es, gibt aber keine eindeutige Antwort. Er wünscht sich zwar, dass Menschen in akuter Not „strukturell und langfristig geholfen wird“, begnügt sich dann aber mit einer „Symbolpolitik der Menschlichkeit“. Die Katholische Aktion sagt gleich ganz offen, es gehe ohnehin nur um eine „humanitäre Geste“. Das Schicksal der Menschen in den Lagern solle „zumindest für einen Augenblick“mehr zählen als politisches Kalkül.
Eine solche Art von Gesinnungsethik, die mit Gesten und Symbolen auskommt und die komplizierten Umstände und langfristigen Folgen von Entscheidungen souverän außer Acht lässt, kann sich eine verantwortungsvolle Regierung nicht leisten. Sie darf und muss zum Beispiel fragen, ob es sich bei den Kindern, die man holen soll, nicht um Jugendliche handelt. In einem Fall müsste man die Familien auch nehmen, im anderen würde man ein Geschäftsmodell von Eltern und Schleppern fördern. nd sie darf auch fragen, ob sich „die Lager nicht wieder bald füllen“würden, wie Bischof Elbs sagt. Soll er sich für diesen Pragmatismus nicht auf Jesus berufen dürfen?
„Eine Politik, die sich auf Gesten und Symbolik beschränkt, kann sich eine verantwortungsvolle Regierung nicht leisten.“
Ulebt als Journalist in Wien