Zielstrebig querweltein
borg Bachmann, Gert Jonke, Florjan Lipuˇs und noch vielen anderen … Schreiben ist kein Ringelspiel in einem Vergnügungspark. Wenn man nicht auf des Messers Schneide schreibt, dann wird nichts draus.
Nicht wenige hervorragende Autorinnen und Autoren, darunter immerhin ein Literaturnobelpreis-träger, verließen die Kärntner Heimat, denn daheim galten und gelten sie oft als „Nestbeschmutzer“. Aber Sie bleiben und verweisen gerne auf einen Satz von Herbert Achternbusch: „Diese Gegend hat mich kaputtgemacht, und ich bleibe, bis man ihr das ansieht.“Wartet da noch viel Arbeit auf Sie?
Peter Handke hat einmal gesagt: „Ich bin auch kein Schriftsteller, sondern ich schreibe, ich habe geschrieben, ich werde geschrieben haben.“Ich sage: „Ich schreibe, also bin ich, ich bin eine schreibende Substanz.“Als ich ein Kind war, haben sie gesagt: „Er hat zwei linke Hände!“oder „Straßenkehrer wirst du werden!“Daraufhin bin ich auch dem Straßenkehrer auf Schritt und Tritt im Dorf gefolgt. Das waren meine ersten bewussten poetischen Schritte.
Irgendwann bin ich dann mit meiner Füllfeder in der Hand vom bäuerlichen Misthaufen heruntergestiegen und habe mir gesagt: „Wehe euch! Und wehe mir!“
In Mexiko waren wir einmal zu Allerheiligen bei den „Dia de los muertos“, auf einem kleinen Dorffriedhof. Die Gräber waren über und über mit Tagetesblumen geschmückt. Hunderte hohe Kerzen brannten, der Friedhof war also beheizt, er war warm. Kinder leckten zwischen den Gräbern an Zuckertotenköpfen und Schokoladeskeletten. Frauen und Männer stocherten ununterbrochen mit Eisenstangen in die Gräber hinein, um die Geister der Toten aufzuwecken. Das ist es, dachte ich, das ist mein Schreiben, das gehört zu meinem Schreiben. Im immer selben kleinen und großen Umkreis bleiben und immer tiefer bohren, in die Tiefe gehen und so wenig wie möglich die Weite „abgrasen“, nur nicht das Weite „suchen“.
Sprachgewalt geht nahtlos über in tiefe Sinnlichkeit, Polemiken weichen wunderbaren Würdigungen von Dichterinnen und Dichtern, die zu unentbehrlichen Wegbegleitern wurden, auf Reiseberichte folgen poetische Expeditionen. Josef Winklers Textsammlung „Begib dich auf die Reise ...“belegt die thematische und stilistische Vielfalt dieses Forschers in der Finsternis, der im weitesten und engsten Sinne Glaubensfragen stellt, vor allem aber den Glauben an große Erzählkunst zu neuem Leben erweckt.
Begib dich auf Reisen oder Drahtzieher der Sonnenstrahlen. Edition Suhrkamp, 260 Seiten, 16,50 Euro
(ab 12. Oktober erhältlich). Lesung von Josef Winkler
(und Xaver Bayer) am 28. 10. um 19 Uhr im Literaturhaus Graz. www.literaturhaus-graz.at