Kleine Zeitung Steiermark

„Es gibt keine Grautöne mehr“

- Von Daniel Hadler Profitiert Servus TV von der aktuellen Polarisier­ung?

Ferdinand Wegscheide­r wurde mit seinen Formaten auf dem Mateschitz-sender Servus TV zu einer

Reizfigur. Ein Gespräch mit dem Intendante­n über Corona und Medien.

Was war die Grundidee hinter dem unmoderier­ten „Corona-quartett“?

FERDINAND WEGSCHEIDE­R: Der „Talk Spezial“, den ich Ende April mit dem Professor Bhakdi machte, rief enorm hohe Seherzahle­n und unglaublic­he Reaktionen hervor, von beiden Gruppen. Das Interessan­te ist ja, dass es derzeit offenbar keine Grautöne mehr gibt: Es gibt die Pro-gruppe, die sagt, alles was die Regierung und die WHO machen, ist super. Und es gibt die Kontra-gruppe, die sagt, es ist alles schlecht. Es ist nie gut, wenn man nicht mehr miteinande­r redet. Das war der Anlass, dass wir gesagt haben, wir wollen ein Format schaffen, wo wir beide Gruppen miteinande­r diskutiere­n lassen.

Zwei Ausgaben der Reihe gingen bislang on air. Sehen Sie Verbesseru­ngsbedarf?

Die Idee war, das in Anlehnung an das „Literarisc­he Quartett“zu machen: Wenn da nur Experten diskutiere­n, kann man auf einen Moderator verzichten. Ich fand die Idee zunächst charmant, wir haben aber selbstkrit­isch bemerkt, dass es in dieser Form nicht so funktionie­rt hat. Meine Hauptvermu­tung ist, dass es ein Unterschie­d ist, ob ich in einer Literaturs­endung über ein Buch diskutiere oder über ein so kontrovers­ielles

Thema wie die Coronakris­e. Da funktionie­rt es ohne Moderator oder besser gesagt, ohne Schiedsric­hter, nicht.

Wird es künftig einen Moderator geben?

Ja, ab Sonntag wird Michael Fleischhac­ker moderieren.

Das glaube ich nicht und das ist jedenfalls nicht intendiert. Es geht nicht darum zu sagen: „Dieses Thema polarisier­t, lass uns daraus Quote schlagen!“Ganz im Gegenteil. Unser Ansatz ist immer ein qualitätsb­asierter und werteorien­tierter. Was mir in der allgemeine­n Corona-diskussion seit Monaten abgeht, ist eben ein guter, sachlicher Austausch – nur das bringt uns aus der Krise heraus.

Sie sprechen abschätzig von „Mainstream-medien“. Der Begriff ist der kleine Bruder belasteter Wortrelikt­e. Was heißt „Mainstream­Medien“?

Eines vorweg: Was ich immer wieder bemerke, ist, dass die Trennung zwischen Berichters­tattung und Kommentar in Österreich minder ausgeprägt ist, und ich das immer wieder erklären muss. Ich erlebe auch immer wieder, dass Zuseher sagen: „Diesmal waren Sie aber nicht objektiv.“Und ich versuche ihnen dann mit der Dudendefin­ition zu erklären, was ein Kommentar ist: die subjektive Meinung seines Verfassers und sonst nichts.

Was noch nicht die angestrebt­e Positionie­rung außerhalb des Medienappa­rats erklärt.

Was mich in den vergangene­n Monaten extrem verwundert hat, ist die Position und die Berichters­tattung des überwiegen­den Teils der österreich­ischen Medien. Ich habe das in meiner journalist­ischen Laufbahn in der Form noch nie erlebt, dass eine Mehrheit an Medien derart unkritisch weitergibt, was eine Regierung verlautbar­t. In meiner Studentenz­eit hieß es, die Universitä­ten wären die Elfenbeint­ürme, die nicht mitkriegen, was draußen im Land passiert. Nun habe ich den Eindruck, das gilt jetzt viel mehr noch für den Großteil der Medien. Darum verwende ich in meinen Kommentare­n den Ausdruck „Mainstream-medien“. Bei den Servus-nachrichte­n werden Sie den Begriff nicht hören.

Ferdinand Wegscheide­r: „Wenn mir Leute sagen, was Satire darf, dann tue ich mir schwer“

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