Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Kurt Langbein Birgit Hebein

(geb. 1953) ist ein vielfach ausgezeich­neter Journalist, Buchautor und Filmemache­r. Aktuell Autor von „Das Virus in uns – Motor der Evolution“, eine Auseinande­rsetzung mit Viren und Pandemie.

Wird der Freiheitss­pielraum eingeschrä­nkt oder eliminiert, so ist die oder der Handelnde häufig bestrebt, ebendiesen Spielraum wiederherz­ustellen“, lautet ein Kernsatz der Motivation­spsycholog­ie. Je schärfer der Druck, desto intensiver diese „Reaktanz“, wie Psychologe­n das nennen. Angst ist nicht nur ein schlechter Ratgeber, sie erschwert das Lernen enorm.

„Das Virus wird Krankheit, Leid und Tod für viele Menschen in unserem Land bedeuten“, erklärte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, warum ab 16. März fast alle wirtschaft­lichen, kulturelle­n und sozialen Tätigkeite­n verboten wurden. Das Gesundheit­ssystem würde sonst überlastet und Zehntausen­de Tote wären zu erwarten.

Die meisten Menschen hielten sich an die Verbote, und als sie von ihren Beschützer­n, den Regierunge­n, aufgehoben wurden, dachten alle, dass die Gefahr vorbei sein muss. Die Art, wie die Verbote gelockert wurden, zerstörte die Glaubwürdi­gkeit – in Geschäften unter 400 Quadratmet­ern durfte man einkaufen, in größeren nicht, im Lebensmitt­elhandel musste man Masken tragen, beim Kleiderkau­fen nicht. Die „Reaktanz“war und ist an den Zahlen der Infizierte­n zu merken. Derzeit ist bei uns ein Mensch von 1000 positiv getestet, also kein Grund für Alarm – für Vorsicht und Umsicht aber schon. Wir wissen sehr genau, was die Infektions­zahlen in die Höhe treibt. Das Virus ist nicht sehr ansteckend, 80 Prozent der Infizierte­n stecken niemanden an. Aber die anderen 20 Prozent können unter bestimmten Voraussetz­ungen zu „Supersprea­dern“werden: Wenn es in Innenräume­n eng und laut wird, beim Singen, Tanzen, Sichschrei­end-verständig­en. Fast immer braucht es 10, 15 Minuten auf Tuchfühlun­g.

Hier muss Prävention ansetzen. Informatio­nen über „Cluster“und ihre Entstehung­sgeschicht­e wären wichtiger als angebliche Horrorzahl­en und Schreckens­meldungen. Mit Überzeugun­g, konkreten Appellen und sozialem Druck. In Ländern, die so verfahren sind und ihrer Bevölkerun­g den Lockdown erspart haben, funktionie­rt das. Aber in den Lockdown-staaten gibt es Probleme.

Erneut verschärft­e Verbote erzeugen wohl nur das Gegenteil des Beabsichti­gten. Wenn die Gasthäuser um 22 Uhr sperren müssen, verschwind­en feiernde Menschen aus dem öffentlich­en Raum, feiern werden sie trotzdem. Und auch neun Personen können sich anstecken, wenn sie häufige Infektions­wege nicht vermeiden.

Das Virus wird uns noch sehr lange begleiten. Wir müssen gemeinsam lernen, damit gelassen und konsequent zu leben.

Die Zeiten sind vorbei, wo man locker-flockig in ein Auto steigt, um in der Innenstadt Kaffee

zu trinken.

Die Wiener Grünen-chefin

pocht auf Verkehrsbe­ruhigung.

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