Kleine Zeitung Steiermark

„Mit einem Buch verkauft man ein Gefühl“

Er war Hirn, Herz und Seele der Buchhandlu­ng Moser in Graz. Nach 40 Berufsjahr­en und 20 Jahren als Moser-filialleit­er geht Franz Kriutz in Pension.

- Von Bernd Melichar

Franz Kriutz trägt zwar eine Uhr am Handgelenk, aber die Zeit, die dieses Instrument präzise anzeigt, hat er stets voll unerschütt­erlicher Leidenscha­ft ignoriert. Denn wenn Kriutz in ein Gespräch vertieft ist, dann verdient das Gegenüber seine ungeteilte Aufmerksam­keit – und somit alle Zeit der Welt. Meist drehen sich diese langen Gespräche um ein Thema: das Buch. Und dieses ist für ihn nie nur eine Ware, sondern immer wertgeschä­tztes Objekt der Begierde. Und oft hat man sogar den Eindruck, dass Kriutz das von ihm dargeboten­e Buch schweren Herzens aus den Händen gibt, weiß man doch nie, wo es landet und ob es ihm dort auch gut geht.

Die Zeit und das Buch. Diese beiden Themen werden Franz Kruitz wohl immer begleiten, auch wenn er mit 1. Oktober in die Pension ging. Kriutz war fast 20 Jahre lang Filialleit­er der Buchhandlu­ng Moser Am Eisernen Tor in Graz. Und er war – in diesem Fall dürfen diese inflationä­r verwendete­n Worte verwendet werden – Hirn, Herz und vor allem Seele dieser Firma, die stets mehr war als „nur“eine Buchhandlu­ng. Zum Moser geht man nicht nur, um die letzte Neuerersch­einung zu erwerben, der Moser ist viel mehr: Sozial- und Bildungsze­ntrum, Informatio­nsbörse, Kaffeehaus, Haus der Begegnung, Ruhezone. Kurz: „Der Moser“ist eine Institutio­n, und die Menschen darin sind mehr als Verkäufer und Käufer. in Buch zu verkaufen, ist Überzeugun­gsarbeit“, sagt Franz Kriutz, der keinen Hehl daraus macht, dass es ihm schwerfäll­t, loszulasse­n. „Es ging mir immer darum, die Fackel der Begeisteru­ng, die in mir brennt, weiterzure­ichen. Ich verkaufe also keine Ware, sondern ein Gefühl. Und während dieses Vorgangs öffnen sich beide, geben beide viel von sich preis: der Käufer und der Verkäufer.“40 Jahre lang war Franz Kriutz im Buchhandel tätig. Die Lehre als Buchhändle­r bei Kienreich schloss er 1978 ab, ab 1984 arbeitete er in der Buchhandlu­ng Styria in der Albrechtga­sse, von dort ging es

Ezur Bücherbox im Universitä­tsviertel, und von 2001 bis 2020 war Herr Kriutz „Herr Moser“. Die Buchhandlu­ng Moser selbst hat freilich eine noch längere Geschichte hinter sich: Gegründet 1868 von Ulrich Moser als Verlagsbuc­hhandlung für juridische und theologisc­he Bücher, ab 1918 im Besitz des Katholisch­en Preßverein­s, im Jahr 2001 fusioniert mit Morawa, 2005 endgültig in den Besitz von Morawa übergewech­selt. ie Leidenscha­ft zum Buch war im Fall von Franz Kriutz stets gepaart mit gesundem Geschäftss­inn. Und er wusste, dass das Buch eine Bühne braucht, um entspreche­nd ins Scheinwerf­erlicht gerückt zu werden. Mehr als 600 Veranstalt­ungen und Lesungen – viele davon in Kooperatio­n mit der Kleinen Zeitung – hat Kriutz im Laufe der letzten knapp 20 Jahre organisier­t und oft auch selbst moderiert. Und der Reigen der Autoren ist bunt und prominent: Er reicht (kleine Auswahl) von Ex-bundespräs­ident Heinz Fischer, Kaisersohn und Europapoli­tiker Otto Habsburg über

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