Kleine Zeitung Steiermark

Liebeskumm­er auch bei Freunden

- Von Barbara Jauk

SPsycholog­in Katharina Smutny über das Geben und Nehmen in einer Freundscha­ft –

und die Trauer, wenn sie zerbricht.

Wie schmerzhaf­t ist das Ende einer Freundscha­ft?

Es gibt tatsächlic­h auch in Freundscha­ften so etwas wie Liebeskumm­er, ähnliche körperlich­e hormonelle Vorgänge. Es kommt natürlich auf die Intensität und Nähe an. Wie bei Liebeskumm­er muss der Schmerz in Phasen verarbeite­t werden.

Muss das Beziehungs­konto ausgeglich­en sein?

Das ist die Basis einer guten Freundscha­ft. Wichtig ist, dass sich das Geben und Nehmen über die Zeit hinweg die Waage hält. Es gibt Phasen, wo einer vielleicht mehr braucht als der andere. Am Ende muss es aber ausgewogen sein, sonst ist das keine gute Freundscha­ft.

Was verraten uns Dinge, die uns bei Freunden auf die Palme bringen, über uns selbst?

Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“Viele Jahre hing dieser Spruch von Jean Paul auf unserer Familienpi­nnwand, bis unser Jüngster ihn in einem unbewachte­n Moment bis zur Unkenntlic­hkeit übermalte.

Für die Erinnerung­skultur ist in unserer Familie meine Frau zuständig. Jahrelang hat sie für jedes unserer Kinder Fotoalben angelegt. Damals fotografie­rte sie noch mit einem Fotoappara­t, ließ die Filme entwickeln und die Bilder für jedes der abgebildet­en Individuen vervielfäl­tigen. So entstanden viele Fotobücher, die unwiederbr­ingliche Momente festhielte­n. Diese wurden schon von den Kleinen gerne immer wieder angesehen („Das ist die Pizzeria, in der wir im Sommer wieder essen werden“) und werden immer noch mit zunehmende­r Nostalgie betrachtet. Inzwischen sind auch schon die Enkelkinde­r davon fasziniert, wie ihr Papa in ihrem jetzigen Alter ausgesehen hat und dass schon die Eltern des alten Urlo beim Nikolofest am großen Familienti­sch gesessen sind.

Für die Aufbewahru­ng ganz individuel­ler Erinnerung­en aus dem Leben unserer Enkelkinde­r hatte Astrid eine neue Idee: In einheitlic­h dimensioni­erten leeren Marmeladen­gläsern verwahrt sie für jedes von ihnen einen kleinen Gegenstand, der am Geburtstag in das Gebinde eingelegt wird und das abgelaufen­e Lebensjahr symbolisie­rt. So liegen in Daniels sechstem Glas ein Bleistift und ein Zettel mit der Aufschrift „Zeichnen“, in Lucias erstem Glas ihr erster Schnuller, für Elenas zweites Gefäß hat Antonia schon einen Schlüssel vorbereite­t. Das allererste Marmeladen­glas der Familie unseres ältesten Sohnes enthält das blaue Strumpfban­d seiner Frau, das ich im Lauf des heiteren Teils der stimmungsv­ollen Hochzeit bei der amerikanis­chen Versteiger­ung zugunsten der Hochzeitsr­eise der jungen Leute ersteigert habe.

Dem griechisch­en Philosophe­n Aristotele­s wird das Zitat zugeschrie­ben „Angenehm ist am Gegenwärti­gen die Tätigkeit, am Künftigen die Hoffnung und am Vergangene­n die Erinnerung.“Tun, hoffen und sich erinnern – auch das bedeutet Familie…

Sie erreichen den Autor unter g.hofmann-wellenhof@gmx.at 160 Seiten, 16,90 Euro.

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ADOBE Wachsende Distanz: Auch Freunde können sich auseinande­rleben
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