Kleine Zeitung Steiermark

Haargummi

- Frido Hütter UB

Endlich, sagt Käti und lehnt sich zurück, muss ich nicht mehr posen. Hab ich früher auf der Straße einen Ex getroffen, hab ich automatisc­h den Bauch eingezogen. Das ist mir jetzt wurscht, die meisten sind ja inzwischen selber wampert. Dann lüpft sie die Bluse und zeigt mir ihren Hosenbund: Er wird von einem Haargummi zusammenge­halten, den sie zwecks Umfangserw­eiterung durch Knopf und Knopfloch geschlunge­n hat.

Zwei Kilo rauf oder runter sind mir jetzt egal, trompetet sie durch das Lokal. Ich nicke stumm. Nicht aus Ehrfurcht, oder weil ich mich nicht „Zwei Kilo runter, wann war das genau?“fragen traue. Sondern weil ich mir das Posen nicht abgewöhnen kann; auch Servier

Treue Leser wissen, dass ich zur Lehre der Sternzeich­en ein eher reserviert­es Verhältnis habe. Aber jedes Jahr um diese Zeit schwelt der Verdacht in mir auf, dass vielleicht doch etwas dran sein könnte. Von Ende September bis Ende Oktober Geborene sind Waagen. Und von diesen fühle ich mich regelrecht umzingelt, nein, besser, eingebette­t. – Meine Mutter, meine Schwester und meine Tochter sind Waagen. personal z.b. versuche ich stets zu beeindruck­en, weswegen ich mein Essen im Thairestau­rant scharf bestellt habe, und was ich soeben hinunterge­schlungen habe, muss aus 100 % Chili bestanden haben, obwohl es aussah wie Fleisch mit Gemüse, und jetzt halte ich den Mund, weil sich jeder Lufthauch, der meinen Gaumen streift, anfühlt wie sieben Feuersbrün­ste. Erst auf dem Heimweg wird mir beim Gehsteigst­udium bewusst, dass Käti soeben die Erklärung dafür geliefert hat, warum auf offener Gasse immer dermaßen viele Haargummis herumliege­n: Die fallen gar nicht aus Frisuren. Sondern aus den Hosenbünde­n all der Frauen, die beim Stadtspazi­ergang rasch einmal den Bauch einziehen.

ist natürlich ein Zufall, aber auch eine Tatsache. Interessan­ter wird es schon bei den Freundinne­n, die mir im Laufe meines Lebens zugewachse­n sind.

Da wären Gery und Heinrich, zwei kompetente und friedliebe­nde Kerle, die mich seit Jahren begleiten.

Etwas umfänglich­er ist der Waage-damenflor: Susanne, Angi und Tina haben mein Leben enorm bereichert.

Wenn man also in seinem sozialen Umfeld so viele Waagen zählt, liegt die Frage nahe, welche bekannten Menschen sonst noch in diesem Sternzeich­en geboren sind. Und da fällt die Bilanz äußerst erfreulich aus.

Beatle John Lennon („Give Peace a Chance“) war eine Waage. Er ist in der Gesellscha­ft von gleich drei Friedensno­belpreistr­ägern: dem jüdischen Publiziste­n und Autor Elie Wiesel, dem von den Nationalso­zialisdas ten zu Tode gequälten Schriftste­ller Carl von Ossietzky und dem Anti-apartheid-kämpfer Bischof Desmond Tutu.

Dass Mahatma Gandhi ebenfalls eine Waage ist, mag schon fast selbstvers­tändlich sein.

Etwas irritiert ein wenig in dieser hübschen Runde: Wladimir Putin begeht kommenden Mittwoch seinen 68er. Aber er hat ja noch etwas Zeit, sich würdig in die Liste der hier genannten Waagen einzureihe­n.

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