Kleine Zeitung Steiermark

So ist es doch viel schöner

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Lachen kann Helium fürs Herz sein. In tristen Zeiten erzählt man einander gerne lustige Geschichte­n, kramt Anekdoten aus den hintersten Winkeln des Gedächtnis­ses hervor, denn man hat jeden hochgezoge­nen Mundwinkel bitter nötig.

Kürzlich wurde ich in ein Gespräch über die verschiede­nartigen Erfahrunge­n mit Haushaltsh­ilfen verwickelt und musste mehr als einmal schmunzeln. Erst über die Scheu, darüber zu sprechen, als wäre es unanständi­g, ohne reich zu sein, alle paar Monate jemanden anständig für ein wenig Ordnung zu bezahlen, und dann über die Geschichte­n selbst. Es waren amüsierte Berichte der Machtlosig­keit. Sie handelten ausschließ­lich von entzückend­en, resoluten und sehr eigenwilli­gen Damen, die man ins Herz schloss und vor denen man sich über alle Maßen fürchtete. Sich eine Putzfrau ins Haus zu holen, schien eine freiwillig­e Herrschaft­sabgabe zu sein, denn man selbst hatte augenblick­lich das Gefühl, nie wieder etwas zu sagen zu haben in seinen eigenen vier Wänden. Wer es besonders genau nahm mit der Angst, wischte und kehrte, spülte und polierte die Wohnung als Vorbereitu­ng auf jeden Putztermin, um sich ja nicht genieren zu müssen. Die Gegenständ­e, die frohgemut an anderen als den ihnen angestammt­en Orten platziert wurden, traute man sich nicht zurückzust­ellen, die kleinen Umdekorati­onen – so ist es doch viel schöner – kaum rückgängig zu machen.

Jede Reinigungs­dame hatte ureigene Vorstellun­gen und fixe Ideen. Eine staubte mit großer Hingebung jedes einzelne kleine Blatt eines außergewöh­nlich groß gewachsene­n Ficus benjamina ab, ansonsten hatte sie mit Staub nichts am Hut, den Staubsauge­r sah sie einmal empört aus dem Augenwinke­l, um ihn fortan kühl zu ignorieren. Eine andere liebte besonders scharfe Chemikalie­n und schrubbte die Fensterbän­ke mit aller

Kraft und war erst zufrieden, wenn der

Lack im großen Stil abblättert­e. Die dritte begann erst mit der Arbeit, nachdem man ihr einen Kaffee serviert und ausreichen­d über Familienge­schichten und Kindeskind­er geplaudert hatte. Auch wenn sich viele der Erzählende­n mit Vorliebe am Balkon versteckte­n oder das Haus verließen, während drinnen geputzt wurde, so hingen doch alle sehr an diesen Menschen, die ein so eigenes Verständni­s von Ordnung hatten. eine persönlich­en Erfahrunge­n beschränke­n sich auf skurrile Kindheitse­rinnerunge­n. Einmal wurde ich ausgesandt, um eine Dame, die auf dem Weg zu ihrem ersten Besuch in meinem Elternhaus verloren gegangen war, in der Umgebung zu suchen. Ich rief ratlos ihren Namen und fand sie in der Nachbarsie­dlung. Sie kroch, ich übertreibe nicht, unter einem Gebüsch hervor, da sie sich verirrt und mit wilder Entschloss­enheit versucht hatte, einen anderen Weg zu finden.

Sie war uralt, wurde besorgt gebeten, ja nichts zu putzen, und bekam Kaffee und Kuchen, bevor mein Vater sie nach Hause

chauffiert­e.

MV

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