„Zustand hat sich vielfach verschlechtert“
In Wildbad Einöd befindet sich die einzige Reha-einrichtung für Kinder und Jugendliche mit mentalen Problemen in Südösterreich. Corona belastet auch die jungen Patienten.
Es sei noch immer ein Tabuthema, sagt Primaria Brigitta Lienbacher. „Psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen werden in unserer Gesellschaft gerne verschwiegen, man spricht nicht darüber.“So hat auch das Rehazentrum im obersteirischen Wildbad Einöd (Bezirk Murau) einen schweren Stand, oft kennen nicht einmal Ärzte die Einrichtung. Die Therme Wildbad wurde vor einigen Jahren in ein Gesundheits-kompetenzzentrum für Rehabilitation, Kur und physikalische Therapie umgebaut, seit zweieinhalb Jahren bietet man auch Kinderrehabilitation – unter anderem bei psychischen Problemen – an.
„Wir waren damals die einzige derartige Einrichtung, mittlerweile gibt es drei in Österreich“, erklärt Lienbacher. Wildbad Einöd deckt den gesamten südösterreichischen
Raum ab, junge Patienten kommen zusätzlich aus allen Teilen des Landes. Und es sind gerade Kinder und Jugendliche, die die Coronakrise besonders hart trifft. „Speziell für Kinder, die viel Struktur brauchen, für die gewohnte Abläufe wichtig sind, ist die Krise schwierig. Ihr Zustand hat sich vielfach verschlechtert“, weiß die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie. „Das Homeschooling öffnet leider auch das Tor zu sozialem Rückzug.“Zwar würden viele Jugendliche, die Probleme in der Schule haben, die Zeit genießen. „Aber vielfach fördert das die Isolation. Es ist eine schwierige Zeit.“
im Alter von rund einem bis 18 Jahren können in der Rehabilitation gleichzeitig betreut werden. Junge Menschen, die Traumata erlitten haben, die in Kindergarten und Schule als „schwierig“auffallen, die Probleme mit so
zialen Kontakten und Ängsten haben. „Viele leiden an Depressionen oder haben Entwicklungsschwierigkeiten, oft ist ein Elternteil verstorben“, verdeutlicht Lienbacher.
Fünf Wochen dauert die Reha, die Covid-19-pandemie macht es den jungen Patienten zusätzlich schwer. „Die Heimfahrt-wochenenden müssen ganz ausfallen, natürlich ist das Heimweh groß. Es ist eine tolle Leistung von jedem, der durchhält.“Zwar dürfen Kinder von einem Elternteil begleitet werden, vorgesehen ist aber maximal ein Betreuerwechsel in fünf Wochen. Lienbacher: „Kaum eine Mutter oder ein Vater kann so lange am Stück Urlaub nehmen.“
Aus diesem Grund nimmt man derzeit vermehrt Jugendliche im Alter von zwölf Jahren aufwärts auf. Sie werden direkt in der Einrichtung unterrichtet und von einem multiprofessionellen, 40-köpfigem Team begleitet. Besuche von Eltern sind im Freien erlaubt, Ausflüge oder das sonst übliche „Alltagstraining“in den umliegenden
Gemeinden müssen entfallen. Bezugspersonen werden per Videotelefonie in die Therapie einbezogen. Auch wenn Eltern die Kinder begleiten, dürfen sie das Gelände übrigens nicht verlassen. „Wir merken auch, dass Corona speziell alleinerziehende Mütter an den Rande der Belastbarkeit gebracht hat. Auch für sie bieten wir ein Angebot, das leider zu wenig bekannt ist“, seufzt die Primaria.
Zuweisungen erfolgen durch den Haus- oder Facharzt, oft sind es aber Sozialarbeiter oder Lehrer, die den ersten Anstoß geben. Denn: „Probleme bei Kindern und Jugendlichen werden oft negiert und zu spät erkannt. Eltern wollen es nicht wahrhaben, die Schuld wird auf Lehrer geschoben. Aber das bringt den Kindern gar nichts, sie brauchen spezielle Unterstützung.“Manche Kinder und Jugendliche kommen zweioder dreimal nach Einöd. Immer mit einem Ziel: „Rückkehr in einen normalen Alltag.“