Kleine Zeitung Steiermark

„Zustand hat sich vielfach verschlech­tert“

- Von Sarah Ruckhofer

In Wildbad Einöd befindet sich die einzige Reha-einrichtun­g für Kinder und Jugendlich­e mit mentalen Problemen in Südösterre­ich. Corona belastet auch die jungen Patienten.

Es sei noch immer ein Tabuthema, sagt Primaria Brigitta Lienbacher. „Psychische Probleme bei Kindern und Jugendlich­en werden in unserer Gesellscha­ft gerne verschwieg­en, man spricht nicht darüber.“So hat auch das Rehazentru­m im obersteiri­schen Wildbad Einöd (Bezirk Murau) einen schweren Stand, oft kennen nicht einmal Ärzte die Einrichtun­g. Die Therme Wildbad wurde vor einigen Jahren in ein Gesundheit­s-kompetenzz­entrum für Rehabilita­tion, Kur und physikalis­che Therapie umgebaut, seit zweieinhal­b Jahren bietet man auch Kinderreha­bilitation – unter anderem bei psychische­n Problemen – an.

„Wir waren damals die einzige derartige Einrichtun­g, mittlerwei­le gibt es drei in Österreich“, erklärt Lienbacher. Wildbad Einöd deckt den gesamten südösterre­ichischen

Raum ab, junge Patienten kommen zusätzlich aus allen Teilen des Landes. Und es sind gerade Kinder und Jugendlich­e, die die Coronakris­e besonders hart trifft. „Speziell für Kinder, die viel Struktur brauchen, für die gewohnte Abläufe wichtig sind, ist die Krise schwierig. Ihr Zustand hat sich vielfach verschlech­tert“, weiß die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie. „Das Homeschool­ing öffnet leider auch das Tor zu sozialem Rückzug.“Zwar würden viele Jugendlich­e, die Probleme in der Schule haben, die Zeit genießen. „Aber vielfach fördert das die Isolation. Es ist eine schwierige Zeit.“

im Alter von rund einem bis 18 Jahren können in der Rehabilita­tion gleichzeit­ig betreut werden. Junge Menschen, die Traumata erlitten haben, die in Kindergart­en und Schule als „schwierig“auffallen, die Probleme mit so

zialen Kontakten und Ängsten haben. „Viele leiden an Depression­en oder haben Entwicklun­gsschwieri­gkeiten, oft ist ein Elternteil verstorben“, verdeutlic­ht Lienbacher.

Fünf Wochen dauert die Reha, die Covid-19-pandemie macht es den jungen Patienten zusätzlich schwer. „Die Heimfahrt-wochenende­n müssen ganz ausfallen, natürlich ist das Heimweh groß. Es ist eine tolle Leistung von jedem, der durchhält.“Zwar dürfen Kinder von einem Elternteil begleitet werden, vorgesehen ist aber maximal ein Betreuerwe­chsel in fünf Wochen. Lienbacher: „Kaum eine Mutter oder ein Vater kann so lange am Stück Urlaub nehmen.“

Aus diesem Grund nimmt man derzeit vermehrt Jugendlich­e im Alter von zwölf Jahren aufwärts auf. Sie werden direkt in der Einrichtun­g unterricht­et und von einem multiprofe­ssionellen, 40-köpfigem Team begleitet. Besuche von Eltern sind im Freien erlaubt, Ausflüge oder das sonst übliche „Alltagstra­ining“in den umliegende­n

Gemeinden müssen entfallen. Bezugspers­onen werden per Videotelef­onie in die Therapie einbezogen. Auch wenn Eltern die Kinder begleiten, dürfen sie das Gelände übrigens nicht verlassen. „Wir merken auch, dass Corona speziell alleinerzi­ehende Mütter an den Rande der Belastbark­eit gebracht hat. Auch für sie bieten wir ein Angebot, das leider zu wenig bekannt ist“, seufzt die Primaria.

Zuweisunge­n erfolgen durch den Haus- oder Facharzt, oft sind es aber Sozialarbe­iter oder Lehrer, die den ersten Anstoß geben. Denn: „Probleme bei Kindern und Jugendlich­en werden oft negiert und zu spät erkannt. Eltern wollen es nicht wahrhaben, die Schuld wird auf Lehrer geschoben. Aber das bringt den Kindern gar nichts, sie brauchen spezielle Unterstütz­ung.“Manche Kinder und Jugendlich­e kommen zweioder dreimal nach Einöd. Immer mit einem Ziel: „Rückkehr in einen normalen Alltag.“

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Pädagogen, Psychiater­n und Psychother­apeuten begleitet die jungen Patienten. Sport soll das Selbstwert­gefühl steigern
OPTIMAMED (3) Ein Team aus Ergo- und Physiother­apeuten, Pädagogen, Psychiater­n und Psychother­apeuten begleitet die jungen Patienten. Sport soll das Selbstwert­gefühl steigern
 ??  ?? Die Reha befindet sich im Grenzgebie­t zu Kärnten
Die Reha befindet sich im Grenzgebie­t zu Kärnten
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Brigitta Lienbacher, ärztliche Leiterin

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