Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

- Clemens J. Setz,

geboren am 15. November 1982 in Graz, ist vielfach ausgezeich­neter Schriftste­ller und Übersetzer. Werke (Auswahl): „Die Frequenzen“(2009), „Indigo“(2012), „Die Stunden zwischen Frau und Gitarre“(2015). Buchtipp: „Der Trost runder Dinge“. Erzählunge­n. Suhrkamp, 320 Seiten, 24,90 Euro.

Aber nein: Es wäre eigentlich gar nichts Ungewöhnli­ches, es wäre auch nicht besonders witzig. Aber warum nicht? Ich glaube, der Grund ist folgender: Würde jemand wie Philip K. Dick heute so eine Rede halten, er wäre kein exzentrisc­her Künstler, er wäre lediglich ein Teil einer großen Bewegung, er wäre Teil des Internets, kurz: Er wäre einfach nur im Internet. Elon Musk erklärt uns bei jeder Gelegenhei­t, dass wir „in der Simulation“leben. „Die Simulation“ist überhaupt, scheint mir, die vorherrsch­ende Art, wie einflussre­iche Menschen heute über die Wirklichke­it urteilen: Sie sei gesteuert von Algorithme­n, einmal hochsensib­el, einmal indifferen­t gegenüber der Veränderun­g kleinster Variablen.

Und jede planetare Katastroph­enerzählun­g – wie die über das Klima, die Pandemie, den Kapitalism­us – verursacht bekanntlic­h ein starkes Gefühl von Vorprogram­miertheit und eine damit einhergehe­nde Erlaubnis, alles als unwirklich zu empfinden. Man liest in der Früh die Nachrichte­n und – ja, jeder kennt das Gefühl. Philip K. Dick ist so etwas wie der Anwalt der Allgemeine­n Unwirklich­keitsvermu­tung, die heute zum Gefühlsfun­dament einer ungeheuren Masse von Menschen geworden ist. ls Autor oder Autorin hat man, glaube ich, besonders schlechte Karten in der Hand, um dieser Unwirklich­keitsvermu­tung irgendwie zu begegnen. Man entwickelt ja von Berufs wegen die ganze Zeit nichtreale Menschen. Und doch bleibt dieses „sich an eine schlechter­e Erde erinnern“aus Dicks Rede auf eine sonderbare Weise berührend. Könnte man es als Mantra oder Maxime

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