Kein Menschenrecht auf unsolidarisches Verhalten
Die Coronazahlen steigen wieder und mit ihnen offensichtlich der irrationale Aberglaube. Obwohl die über 9000 aktiven Fälle einen bisher noch nie da gewesenen Höhepunkt darstellen, steigt die Zahl der Coronaleugner parallel dazu. Zettel mit Hilfsangeboten sind aus den Stiegenhäusern verschwunden, vom Zusammenhalt ist nur mehr selten die Rede. Vielmehr werden Schutzmaßnahmen öffentlich angezweifelt und Infizierte an den Pranger gestellt, nach dem Motto: „Selbst schuld“.
Dabei macht das Virus vor niemandem halt. Nicht vor dem Us-präsidenten, nicht vor der österreichischen Bundesregierung. Es kann jeden treffen, allerdings nicht gleich. Denn die medizinische Versorgung unterscheidet, anders als das Virus, sehr wohl zwischen Staaten und Einkommen. Donald Trump kann nur deswegen so prahlen, weil er eine ärztliche Rundumversorgung genoss, die sich in den USA kaum jemand leisten kann. Der demokratische Senator Chris Murphy ergänzte, dass für Trump als Steuerverweigerer noch dazu alles gratis sei.
Corona treibt die Spaltung in unserer Gesellschaft voran. Einerseits ökonomisch, indem etwa Jugendliche schwerer in den Arbeitsmarkt einsteigen oder der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen größer wird. Andererseits atmosphärisch, weil offensichtlich immer mehr Personen Eingriffe in ihre Freiheiten ablehnen. Selbst wenn es nicht um unternehmerische Nachteile geht, sondern um die banale Pflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln Maske zu tragen. Auch Trump hat diese gegen gesetzliche Bestimmungen, aber öffentlich sichtbar gestern wieder abgelegt. olitik hat die Aufgabe, allgemein verbindliche Regeln für das Wohl möglichst vieler Menschen zu erlassen. In einer Demokratie werden dabei Mitsprache- wie Grundrechte garantiert. Sich unsolidarisch zu verhalten ist allerdings kein Menschenrecht und „starke Männer“achteten immer schon lieber auf sich selbst als auf die Demokratie. Die Hoffnung auf Regelbrecher und Trittbrettfahrer wird sich wohl als der größte Aberglaube in dieser Pandemie entpuppen.
lehrt Politikwissenschaft an der Fachhochschule Kärnten.
„Die Hoffnung auf Regelbrecher und Trittbrettfahrer wird sich wohl als der größte Aberglaube in dieser Pandemie entpuppen.“
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