Kleine Zeitung Steiermark

Kein Menschenre­cht auf unsolidari­sches Verhalten

- Kathrin Stainer-hämmerle

Die Coronazahl­en steigen wieder und mit ihnen offensicht­lich der irrational­e Aberglaube. Obwohl die über 9000 aktiven Fälle einen bisher noch nie da gewesenen Höhepunkt darstellen, steigt die Zahl der Coronaleug­ner parallel dazu. Zettel mit Hilfsangeb­oten sind aus den Stiegenhäu­sern verschwund­en, vom Zusammenha­lt ist nur mehr selten die Rede. Vielmehr werden Schutzmaßn­ahmen öffentlich angezweife­lt und Infizierte an den Pranger gestellt, nach dem Motto: „Selbst schuld“.

Dabei macht das Virus vor niemandem halt. Nicht vor dem Us-präsidente­n, nicht vor der österreich­ischen Bundesregi­erung. Es kann jeden treffen, allerdings nicht gleich. Denn die medizinisc­he Versorgung unterschei­det, anders als das Virus, sehr wohl zwischen Staaten und Einkommen. Donald Trump kann nur deswegen so prahlen, weil er eine ärztliche Rundumvers­orgung genoss, die sich in den USA kaum jemand leisten kann. Der demokratis­che Senator Chris Murphy ergänzte, dass für Trump als Steuerverw­eigerer noch dazu alles gratis sei.

Corona treibt die Spaltung in unserer Gesellscha­ft voran. Einerseits ökonomisch, indem etwa Jugendlich­e schwerer in den Arbeitsmar­kt einsteigen oder der Lohnunters­chied zwischen Männern und Frauen größer wird. Anderersei­ts atmosphäri­sch, weil offensicht­lich immer mehr Personen Eingriffe in ihre Freiheiten ablehnen. Selbst wenn es nicht um unternehme­rische Nachteile geht, sondern um die banale Pflicht in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln Maske zu tragen. Auch Trump hat diese gegen gesetzlich­e Bestimmung­en, aber öffentlich sichtbar gestern wieder abgelegt. olitik hat die Aufgabe, allgemein verbindlic­he Regeln für das Wohl möglichst vieler Menschen zu erlassen. In einer Demokratie werden dabei Mitsprache- wie Grundrecht­e garantiert. Sich unsolidari­sch zu verhalten ist allerdings kein Menschenre­cht und „starke Männer“achteten immer schon lieber auf sich selbst als auf die Demokratie. Die Hoffnung auf Regelbrech­er und Trittbrett­fahrer wird sich wohl als der größte Aberglaube in dieser Pandemie entpuppen.

lehrt Politikwis­senschaft an der Fachhochsc­hule Kärnten.

„Die Hoffnung auf Regelbrech­er und Trittbrett­fahrer wird sich wohl als der größte Aberglaube in dieser Pandemie entpuppen.“

P

Newspapers in German

Newspapers from Austria